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„Deptimus articulus est, quod de iure et consuetudine imperii
hactenus observata, legitime et inconcusse servata atanto
tempore, cuiusmemorianonexistit, fuit etest, quod vacante
imperio ad comitem Palentinum pertinuit et pertinet in partibus Ala-
mannie ius administrandi iura imperii et feuda temporalia con-
ferendi et cetera alia negocia spectaneia ad imperium disponendi.“
Man wird jedoch sowohl die Rechtsauffassung des Schwaben-
spiegels, wie die Behauptungen in der Urkunde Rudolfs und in den
eben angeführten kaiserlichen Schriften, wenn schon als Beweis für
die Existenz des pfälzischen Vikariats schon lange vor der goldenen
Bulle, so doch nicht als Zeugnisse für sein besonders hohes Alter
schätzen dürfen. Denn wie sehr sich der Schwabenspiegel die
pfalzgräflichen Rechte zu erweitern bestrebt, ist bekannt; der
Ausdruck „ab antiquo“ in der Urkunde Rudolfs wird eine der „be-
kannten Finten“ sein, welche die Könige anwandten, wenn sie etwas,
was sie eben einführen wollten, als alte Einrichtung beim Reich be-
zeichneten !), und die Schriften der Ludwigschen Partei sind viel zu
sehr polemischer Natur, als dass sie in jedem Satze ganz ernst ge-
nommen werden dürften.
Vom Vikariate des Herzogs von Sachsen vacante imperio sind
vor der goldenen Bulle nur wenige und unsichere Spuren vorhanden.
Gewiss ist es nicht so alt wie das pfälzische und scheint sich auch
noch geringerer Anerkennung erfreut zu haben als dieses. Gleich-
wohl hat es auch schon vor der goldenen Bulle existirt. Die erste
Andeutung von ihm findet sich im Lehnrecht des Schwabenspiegels 2);
darnach hat der Herzog in bestimmten Theilen des Reichsgebiets
anstatt des Königs den Bann zu leihen, wenn das Reich ohne König
ist. Aus einem Briefe der Grafen Heinrich von Schwerin und Johann
von Holstein an Papst Johann XXII. vom Jahre 1328 scheint hervor-
zugehen, dass man zu dieser Zeit im östlichen Deutschland dem
Sachsenherzoge das Reichsvikariat zuschrieb.)) Wir können aber
ferner einen Schluss darauf, dass schon vor 1356 das sächsische Vikariat
S$. ferner den Auszug Heinrichs von Hervord aus der constitutio „licet juris“
(iiber de reb. memor. ed. Potthast p. 260£f.).
1) Weizsäcker, Der Pfalzgraf als Richter über den König, in den Abh. der
Götting. Ges. der Wiss. XXXIII, S.1£.; Kupke, Das Reichsvikariat und die Stellung
des Pfalzgrafen bei Rhein bis zu Sigmunds Zeit S. 47, 54.
2) Lassb. 41c, verb. mit 41b.. S. dazu Fıicker in den Sitzungsberichten
der Wiener Akad. Histor.-Pbil. Cl. LXXVII, S. 832 ff.
3) Rıepez, Cod. dipl. Brandenb, II, 2,55f. und dazu Harnack, Kurfürsten-
collegium S. 89.