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auf, weil dieser eine vornehmlich an die Persönlichkeit desMonarchen
geknüpfte, keine Reichsbehörde ist; nur durch das Surrogat der
jedem Reichsverweser einzeln unterstehenden zwei Reichsvikariats-
hofgerichte üben die Vikare die sonst durch den Reichshofrath aus-
zuübende Gerichtsbarkeit aus!), obwohl die Kompetenz des Vikariats-
hofgerichts und sein Verhältniss zum Reichskammergericht keine
anderen als die des Reichshofraths sind. Ferner ist den Vikaren
die Vergebung der Fürsten- und Fahnlehen, deren „investitura et
collatio soli Imperatori‘‘ reservirt ist?), desgleichen die Veräusserung
und Belastung von Reichsgut, ausser zur Zeit der Noth?), untersagt.
Sind die Reichsverweser somit nicht Inhaber der Reichsgewalt
zu eigenem Rechte, so sind sie auch ferner
2. nieht Stellvertreter des Kaisers, auch nicht Reichs-
regenten im Namen eines solchen. Denn nicht willkürliche Bevoll-
mächtigung eines Monarchen schafft ihnen ihr Recht, weil weder eine
solche Bevollmächtigung vorhanden, noch, da der Eintritt des Reichs-
vikariats verfassungsmässig ipso jJure erfolgt, geboten; endlich — und
das ist das Wesentlichste — ist gar kein Subjekt vorhanden, dessen
Stelle vertreten werden könnte, wie es auch an einem Subjekte fehlt,
in dessen Namen von einem Regenten die Staatsgewalt ausgeübt
würde.?) Wohl ist Stellvertretung oder Regentschaft im Namen einer
unbekannten, aber doch vorhandenen Person juristisch denkbar;
allein Stellvertretung oder Regentschaft im Namen eines gar nicht
existirenden Subjekts ist eine rechtlich unmögliche Konstruktion.
Gleichwohl hat die Stellvertretungstheorie in der Litteratur einen
breiten Raum eingenommen, sei es dass man die Reichsverweser, wie
PFEFFINGER>5), als Stellvertreter des verstorbenen Monarchen be-
zeichnete, sei es dass man sie, wie v. SARTORLI!) und MAURENBRECHER '),
überhaupt Stellvertreter des Kaisers nannte, ohne anzugeben, welches
ı) W.K. (1790) a. III. 816. Genau wie beim alten Reichshofgericht: FrRAnkK-
vin, Reichshofgericht II. S. 78ff.;, SCHRÖDER a. a. O. S. 531. S. noch v. SARTORi
S. 141 fl.; v. ABELE S.29f.; MEJER a.a.0.5.88ff.; vgl. Danz, Betrachtungen über
die Justizverfassung in Deutschland während eines Zwischenreichs, S. 74: Der
Reichshofrath löst sich mit dem Tode des Kaisers auf, „weil er wesentlich von dem
monarchischen Theil der Regierungsform Deutschlands abhängt“.
2) A. B. V, 1. Später nur die der Thronlehen: W. K. (1790) XI, 7.
3) A.B. V,1. Coccesı, Juris publici prudentia XVI, 14; Weıss S. 24.
4) REITEMEIER, Grundsätze der Regentschaft S. 37; PETERsa.a.O. S. 3, 76.
5) Vitriar. illustr. I. 12, 4 Note c: „quibus (vicariis) mortui imperatoris
vices demandantur“.
6) Reichsvikariat. Staatsrecht S. 54, 71, 75, 149, 190 u. ö.
1) Grundsätze des heutigen deutschen Staatsrechts $ 72.