zwar mit vollem Rechte — die Organisation des Trägers der Staats-
gewalt als fundamental für die ganze Staatsverfassung erklärt und
demgemäss zum Ausgangspunkte der systematischen Darstellung des
Staatsrechts gemacht wird '), wohl nieht ohne Grund schliessen, dass
man auch meist das Vorhandensein eines Trägers der Staatsgewalt
als begriffliches Erforderniss des Staates anerkennt.?2) Einer solchen
Auffassung ist man nun neuerdings von verschiedenen Seiten ent-
gegengetreten. So hat G. MEYER?) den Satz aufgestellt, dass für
das Wesen des Staates lediglich der Begriff des Organs, nicht aber
der des Trägers der Staatsgewalt gefordert werde), und FRICKER °)
hat diesen letzteren Begriff auf die Demokratie als unanwendbar er-
klärt, sofern man in dieser unter Träger der Staatsgewalt dasselbe
wie in der Monarchie, nämlich das Subjekt, dem die Herrschaft als
eigenes Recht zustehe, begreifen wolle.
Aber auch die Rechtsstellung des Monarchen ist noch immer
Gegenstand wissenschaftlichen Kampfes. Weit verbreitet, ja man
kann sagen herrschend ist in der Litteratur, wie wir schon sahen,
die Auffassung, es sei der Monarch ein Organ des Staates. Inso-
weit diese Meinung unter „Organ‘ indifferent nichts anderes versteht,
als „ein durch seine innere Natur zu hervorragender Thätigkeit für
das Ganze berufenes Glied‘ ®) des Staatskörpers, wird man ihr von
keiner Seite irgendwie entgegenzutreten haben. Anders verhält es
sich, wenn man Organ in dem richtigen Sinne des Wortes nimmt
und unter ihm das Werkzeug eines fremden Willens und, in
Anwendung auf den Staat, eine Person versteht, die im Namen oder
Auftrag des ihr schlechthin übergeordneten Staates zur Ausübung von
Geschäften der Staatsgewalt berufen ist. Eine solche Auffassung,
die wir schon oben bekämpft haben, macht den Fürsten rechtlich
zum Diener des Staates, zu einem „Werkzeug eines höheren Staats-
willens, das von letzterem seine Befugnisse herschreibt und den Um-
kreis und die Art seiner Wirksamkeit zugewiesen erhält“.’) Ganz
1) Vgl. Scauzze, Lehrbuch des deutschen Staatsrechts I. S. 32.
2) So z. B. Mrser, Einleitung S. 4; vgl. auch Scauze a.a. O0. S. 244, 245.
3) Der Antheil der Reichsorgane u. s. w. S. 9ff.
4) Vgl. auch Hancge, Regentschaft und Stellvertretung S. 18: „Ist denn der
König für die Existenz des Staates, der Träger für das Fortbestehen der staats-
gewaltlichen Rechte so nothwendig, dass nicht einmal eine Ausnahme gemacht
werden könnte? Gewiss nicht!“
5) Die Verpflichtung des Kaisers u. s. w., S. 19f.
6) GiERKE in der Zeitschr. f. d. ges. Staatswissensch. XXX. S. 325.
7) SEyDEL, Bayr. Staatsrecht I. S. 353,