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der Legislaturperiode entlassenen und den aufgelösten Kammern den
Wiederzusammentritt in derselben Zusammensetzung gestatten.')
So zeigt seinem Wesen nach das Interregnum das Merkmal der
Uebergangsperiode, des Provisoriums; es birgt den Todeskeim in sich,
und die hauptsächlichste Arbeit in ihm ist auf seine Vernichtung
gerichtet.
$ 13.
Die provisorische Regierung.
Nachdem wir das rechtliche Wesen der monarchenlosen Zeit im
Allgemeinen zu bestimmen versucht haben, liegt es uns ferner ob,
die Subjekte zu bezeichnen, die im Interregnum zur Formulirung
des obersten Staatswillens, zur Regierung berufen sind, sie in ihrer
Rechtsstellung zu erklären, Richtung und Umfang ihrer Thätigkeit
zu bestimmen. Wir sehen von denjenigen Staatsorganen ab, die
lediglich zu einer Mitwirkung bei der Staatswillensbildung, und
denen, die nur zur Durchführung des Staatswillens gegeben sind;
beide sind im Interregnum keine anderen wie beim Vorhandensein
des Monarchen, und nur insofern ist für die zweite Gattung von Per-
sonen eine rechtliche Aenderung ihrer Stellung gegeben, als im Inter-
regnum eine Beziehung ihrer Thätigkeit auf den Willen des Monarchen
als solehen ausgeschlossen erscheint. Wir machen uns nur die Be-
trachtung derjenigen Personen zur Aufgabe, welche die durch den
Wegfall des Herrschers gerissene Lücke, soweit es der nothwendige
Fortgang der staatlichen Thätigkeit verlangt, bis zur endgültigen
Regelung der Thronfrage auszufüllen bestimmt’sind. Wir bezeichnen
diese Subjekte insgesamt mit dem vielfach gebräuchlichen Ausdrucke
„provisorische Regierung“.
I. In einer Reihe von Verfassungen sind die Personen, welche
die provisorische Regierung zu bilden haben, ausdrücklich bezeichnet.
So zunächst in zwei Staatsgrundgesetzen, die nicht mehr in Geltung
sind. Das die monarchische Staatsform für Frankreich inaugurirende
organische Senatuskonsult vom 18. Mai 1804 bestimmte, dass bei der
Thronerledigung bis zur erfolgten Neuwalıl des Souveräns ein aus
den beim Abgang des Monarchen im Amte befindlichen Ministern
bestehender Gouvernementsrath die Staatsgeschäfte besorge; seine
Beschlüsse sollten mit Stimmenmehrheit der Mitglieder gefasst werden.’
1) Griechenland a. 52.
2) a. 8. (PöLıtz, Europäische Verfassungen II. S. 74.)