Nr. 2.
Vermerke des damaligen Staatssekretärs
des Auswärtigen Amts von Hintze über Besprechungen
mit General Ludendorff im Juli und August 1918)).
Mitte Juli 1918, vor Antritt des Postens des Staatssekretärs, hatte ich in
Avesnes General Ludendorff die förmliche und bestimmt gefaßte Frage vorgelegt, ob er
sicher wäre, mit der jetzigen Offensive den Feind endgültig und entscheidend zu besiegen!
General Ludendorff hatte meine Frage wiederholt und darauf erklärt: „Darauf ant-
worte ich mit einem bestimmten „Ja“.a «
Vor der Besprechung zu vieren zwischen dem Reichskanzler, dem Generalfeld-
marschall, General Ludendorff und mir — ich glaube am 13. August — hat mich
General Ludendorff allein beiseite genommen und mir eröffnet, er habe mir im Juli
gesagt: er sei sicher mit der im Gang befindlichen Offensive den Kriegswillen des Feindes
zu brechen und ihn zum Frieden zu nötigen; diese Sicherheit habe er jetzt nicht mehr.
Auf meine Frage, wie er sich die Weiterführung des Krieges denke, hat General
Ludendorff geantwortet, wir würden durch eine strategische Defensive imstande sein,
den Kriegswillen des Feindes zu lähmen und ihn so mählich zum Frieden zu bringen.
In der angeführten Besprechung zu vieren hat niemand dieses ausschlaggebende Thema
wieder angeschnitten. Erst im Kronrat — 14. August — habe ich es wieder vor-
gebracht und behandelt, siehe Protokoll. General Ludendorff hat damals die große
Offensive= als nicht mehr möglich bezeichnet, wohl aber eine strategische Defensive mit
gelegentlichen offensiven Vorstößen, mit guter Aussicht auf endliche Lähmung des Kriegs.
willens des Feindes. Generalfeldmarschall von Hindenburg beurteilte die militärischen
Aussichten noch günstiger. Die politische Lage, so wie ich sie vor dem Kronrat aus-
einandergesetzt hatte, verbot mir, an diesen Erfolg der strategischen Defensive zu
glauben. Das habe ich im Kronrat erklärt und die Ermächtigung zur Anbahnung des
Friedens mit diplomatischen Mitteln verlangt. Darunter begriff ich auch: Minderung
der bis dahin aufgestellten Kriegsziele. Hierfür war O. H. L. damals noch nicht zu
haben: siehe Schlußsatz des Protokolls vom 14. August. Die mir erteilte Ermächtigung
zu Friedensschritten wurde dadurch:) beschränkt, was ich aber mählich zu beheben
hoffte; mit Recht, wie die Zukunft bewies. Indes eine wesentliche Beschränkung der
Ermächtigung war die folgende: #der geeignete Moment müsse abgewartet werden, ehe
diplomatische Fäden anzuspinnen wären; ein solcher Moment böte sich nach dem
nächsten (unserem) Erfolg an der Westfront.G Später — im September — wurde als
Moment bezeichnet: wenn die Rückwärtsbewegung unserer Armee zum Stehen
gekommen sein würde, etwa in der Siegfriedstellung.“
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1) Diese Aufzeichnungen hat Herr v. Hintze im Frühjahr 1919 zu den Akten des Auswärtigen
Amts gegeben.
2:) Durch Festhalten an den Kriegszielen, die für den' Kall „Sieg aufgestellt waren. (An-
merkung v. Hingzes.)