Metadata: Allgemeines Landrecht für die Preußischen Staaten. Erster Theil, Erster Band. (1)

Von mehre- 
ren Beschadi- 
gern. 
298 Erster Theil. Sechster Titel. 
§. 29. Haben Mehrere zur Zufügung eines Schadens aus Vorsatz oder grobem 
Versehen mitgewirkt 70%, so haften sic einer für alle und alle für einen. 
§. 30. Der Beschädigte hat alsdann gegen die Beleidiger eben die Rechte, welche 
bei Verträgen dem Berechtigten gegen mehrere gemeinschaftlich Verpflichtete zukommen. 
(Tit. 5, S. 430 Sag.) 
§. 31. Haben Mehrere bei einer Schadenszufügung nur aus mäßigem oder ge- 
ringem Versehen mitgewirkt, so haftet jeder nur für sein eigenes Versehen. 
§. 32. Doch haften sie einer für alle, und alle für einen, wenn nicht ausgemit- 
telt werden kann, welchen Theil des Schadens ein jeder durch sein besonderes Versehen 
angerichtet habe 10 . 
§. 33. In allen Fällen, wo einer von mehreren Mitschuldigen den ganzen aus 
Versehen entstandenen Schaden, oder doch mehr als ihm nach Verhältniß seines An- 
theils an der Schadenszufügung oblag, ersetzt hat, kann er an die übrigen, wegen 
des von einem Jedem zu leistenden Beitrags, sich halten. « 
§. 34. War aber der Schade von Mheren vorsätzlich veranlaßt worden, so 
findet unter ihnen kein Regreß statt. 
§. 35. Dagegen muß Jeder von ihnen seinen Antheil, welchen er dem Beschä- 
digten hätte vergüten müssen, wenn dieser sämmtliche Beschädiger auf ihren Antheil 
belangt hätte 17), der Armenkasse des Orts zur Strafe entrichten 15). 
16e) (4. A.) In diesem Falle befinden sich Dieb und Hehler; Beide haften daher für die aus 
dem Werthe der nicht mehr vorhandenen Sache und des sonstigen Schadens bestehende Entschädigung 
des Beflohlenen solidarisch. Auch der Verwahrer, aus dessen Gewahrsam der Gegenstand geslohlen 
worden, ist wen seines eigenen Interesses zur Entschädigungsklage selbstständig legttimirt. Erk. des 
Obertr. v. 2. November 1860 (Arch. f. Rechtss. Bd. XXXVIII. S. 348 u. Endhg. Bd. XIIV, S. 6). 
Bergl. unten die Anm. 69/ zu 9. 217, Nr. 4 des Str. G. B. Th. II, Tit. 20. 
16 6) (5. A.) Die Anlage und der Betrieb eines Koaksofens, wenn auch an sich erlaube, schließt 
doch ein VBersehen in sich, sobald dadurch dem Nachbar nach dem gewöhnlichen Laufe der Dinge 
ein Schaden zugefügt werden kann, und es kommen deshalb die 88. 29—32 d. T. zur Anwendung. 
Erk. des Obertr. vom 26. September 1867 (Arch. f. Rechtsf. Bd. LXVIII, S. 193). 
17) Bon selbst versteht sich, daß, so lange der Beschädigte von Keinem befriedigt worden ist, bon 
keinem Regrefse des Zahlenden, oder dessen, der in seine Sielle tritt, Rede sein kann. 
18) Das eivilrechtliche Prinzip ist also auch im Falle des Dolus Theilung und Ausgleichung un- 
ter den Mitschuldnern, nur wird ihnen die Klage, wegen ihres Dolus, genommen, und der Armen- 
austalt, von Rechtswegen, gegeben. Suarecz begründet dies so: Es sei schon gemeinen Rechteus, 
daß correi delinquendi in solidum ohligir seien. Solchergestalt aber würden, wenn der eine eorrous 
den ganzen Schaden erstattet habe, die übrigen Theilnehmer an der vorsätzlichen Schadenszufügung in 
vielen Fälten: wo just nicht Kriminalbestrafung stattfinde, völlig ohne Ahndung davon kommen. "q% 
wen ei dieser Satz (5. 35) angenommen worden, der Übrigens auch die Analogie für sich habe, da 
3. E. bei der condictio ex turpi cuusa, wenn turpitudo von beiden Seiten vorhanden, zwar kein 
Theil gegen den anderen eine Kondiktion habe, der Fiskus aber das turpiter et injuste acquisitum 
eripire. (Jahrb. Bd. LI, S. 7.) Für die Regreßklage bei kulposen Beschädigungen (die auch wahre 
Verbrechen sein können, z. B. sohrässige Brandstiftung, sahrlässiger Todtschlag) wird kein Grund an- 
gegeben. Der Grund für den Regreß bei vorsätzlichen Beschädigungen aber ist eine Vermengung 
der Begriffe von Strase und Obligation; der Analogie von der condictio ob turpem causam fehlt es 
an Analogie, d. i. Aehnlichkeit. Die Rechtfertigung gewährt keinen Blick in die Tiefe des L.R. Bei 
dem Auspruche mehrerer Schuldner derselben Schuld unter einander auf Ausgleichung kommt alles auf 
den wahren Rechtsgrund an. Der nächste Grund zwar ist die Gemeinschaft, aber die Frage ist nach 
dem eigentlichen Gegenstande der Gemeinschaft, ob es nämlich der Verpflichtungs grund, oder die 
Schuld sei. Begründet nämlich die gemeinschaftliche VBerpflichtung zur Schuld die Gemeinschaft 
unter den Schuldnern, dann folgt, daß correi delinquendi, nach der Regel (§. 36, Tit. 3), gar kei- 
nen Regreß unter sich haben und daß die Bestimmungen hier in den 98. 33—35 exceptionelle sind: 
es solgt ferner, daß mehrere Schuldner einer und derselben Schuld keinen Regreß haben, wenn sie 
nicht durch eine gemeinschaftliche Handlung die Verbindlichkeit eingegangen sind. Ist aber die Schuld 
der Gegenstand der Gemeinschaft, so entsteht der Regreßanspruch nicht aus einer turpis caußs. sondern 
aus dem ehrbaren Rechtsgeschäfte der Zahlung, die Bestimmungen der 88. 33—35 sind dann re- 
gelrecht und es haben auch folche Mitschuldner, die sich einzeln verpflichtet haben, Anspruch auf Aus- 
gleichung wegen der gemeinschaftlichen Schuld. Welches von Beiden nach dem L.R. anzunehmen sei, 
 
	        
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