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Meer und Rumänien preiszugeben, deutsche und für die Westfront bestimmte öster-
reichisch-ungarische Divisionen einzusetzen. Schnellster Entschluß war nötig. Die An-
fänge unfrer Truppe sind ausgeladen. Es besteht begründete Hoffnung, die Lage auf
dem Balkan, soweit es für unsere Interessen nötig ist, wiederherzustellen, leider) wie ich
ausführen werde, nicht ohne schwerwiegenden Schaden für die Gesamtlage.
Fast gleichzeitig mit der Offensive in Mazedonien setzten gewaltige Angriffe im
Westen ein. Sie fanden uns nicht unvorbereitet. Alle Maßnahmen, sie abzuwehren,
waren getroffen. Ostdivisionen zum Freimachen von erprobten Westdivisionen waren im
Anrollen. Leider mußte ein Teil von ihnen nach dem Balkan abgedreht werden. Der
letzte wehrfähige Mann aus dem Osten war herangezogen. Wir sahen mit Ruhe dem
Entscheidungskampf entgegen. An welchen Stellen der Front die Angriffe einsetzen
würden, verstand die Entente geschickt zu verschleiern. Vom Meere bis zur Schweiz
zeigten sich Angriffsvorbereitungen, am stärksten gegen Lothringen und den Sundgau.
Wir waren gezwungen, unsere Reserven zu verteilen und die ganze Front mehr oder
weniger abwehrbereit zu halten. Namhafte Kräfte mußten besonders in Lothringen und
dem Sundgau zum Schutz deutschen Bodens bereitgestellt werden.
Nach Durchführung der erforderlichen Bewegungen bestand die sichere Zuver-
sicht, die bevorstehenden Schlachten siegreich zu bestehen und den Vernichtungswillen
unserer Gegner durch ihre zu erwartenden großen Verluste zu brechen.
In der Folge gelang es überall, den Feind da, wo er durch Tanks, Uberraschung
oder lbermacht in unsere Linie eingedrungen war) aufzuhalten, seinen Stoß durch recht-
zeitig herangeführte Reserven aufzufangen. Die Kämpfe der letzten sechs Tage sind trotz
Einbuße an Gefangenen und Gerät siegreich bestanden. Der Gegner hat im Vergleich
mit unsren Erfolgen in den Frühjahrsoffensiven geringe Fortschritte erzielt. In den
meisten Stellen sind seine mit ungewöhnlicher Zähigkeit fortgesetzten Stürme abgewiesen.
Nach Meldung unsrer Truppen hat er schwerste Verluste erlitten.
Unsere Truppen haben sich in überwiegender Hahl vortrefflich geschlagen und
lUbermenschliches geleistet. Der alte Heldensinn ist nicht verlorengegangen. Die feind-
liche Ubermacht hat die Truppe nicht erschreckt. Offiziere und Mann wetteifern mit-
einander.
Trotzdem mußte die O. H. L. den ungeheuer schweren Entschluß fassen, zu
erklären, daß nach menschlichem Ermessen keine Aussicht mehr
besteht, dem Feinde den Frieden aufzuzwingen.
Entscheidend für diesen Ausgang sind vor allem zwei Tatsachen: die Tanks.
Der Gegner setzte sie in unerwartet großen Mengen ein. Wo sie, noch dazu nach sehr
ausgiebiger Vernebelung unfrer Stellungen, überraschend auftraten, waren ihnen häufig
die Nerven unsrer Leute nicht mehr gewachsen. Dort brachen sie durch unfre vordersten
Linien durch, bahnten ihrer Infanterie den Weg, erschienen im Rücken, erzeugten örtliche
Paniken und brachten die Gefechtsführung durcheinander. Waren sie erst erkannt,
wurden unsre Tankabwehrwaffen und unfre Artillerie schnell mit ihnen fertig. Dann
war aber das Unglück schon geschehen, und lediglich aus den Erfolgen der Tanks sind die
hohen Gefangenenzahlen, die unfre Stärken so empfindlich herabsetzten und einen
schnelleren Verbrauch der Reserven als bisher gewohnt herbeiführten, zu erklären.
Dem Feind gleiche Massen deutscher Tanks entgegenzustellen, waren wir nicht in
der Lage. Sie herzustellen, ging über die Kräfte unfrer aufs äußerste angespannten
Industrie, oder andre, wichtigere Dinge hätten liegen bleiben müssen.
Restlos entscheidend ist die Ersatzlage geworden. Das Heer ist in die große
Schlacht mit schwachen Beständen gegangen. Trotz aller Maßnahmen sanken die Stärken
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