Von der zweiten Note Wilsons bis zur Antwort
darauf. Nr. 48 bis Nr. 66.
Nr. 48.
Wilsons zweite Note.
Staatsdepartement, 14. Oktober
Mein Herr! In Beantwortung der Mitteilung der deutschen Regierung vom
12. Okteber, welche Sie mir heute übergeben haben, habe ich die Ehre, Sie um die
Ubermittlung folgender Antwort zu ersuchen.
Die uneingeschränkte Annahme der von dem Präsidenten der Vereinigten
Staaten vom 8. Januar 1918 und in seinen folgenden Botschaften niedergelegten Be-
dingungen von seiten der jetzigen deutschen Regierung und einer großen Mehrheit des
deutschen Reichstags berechtigen den Präsidenten, eine offene und direkte Erklärung
seines Entschlusses hinsichtlich der Mitteilungen der deutschen Regierung vom 5. Oktober
und 12. Oktober 1918 abzugeben.
Es muß Klarheit darüber bestehen, daß die Durchführung der Räumung und
die Bedingungen cines Waffenstillstandes Angelegenheiten sind, welche dem Urteil und
dem Rate der militärischen Berater der Regierung der Vereinigten Staaten und der
alliierten Regierungen überlassen werden müssen, und der Präsident fühlt sich ver-
pflichtet zu erklären, daß keine Regelung von der Regierung der Vereinigten Staaten
angenommen werden kann, die nicht völlig befriedigende Sicherheiten und Bürgschaften
für die Fortdauer der gegenwärtigen militärischen Uberlegenheit der Armeen der Ver-
einigten Staaten und der Alliierten an der Front schaffen. Er hat das Vertrauen, daß
er als sicher annehmen kann, daß dies auch das Urteil und die Entscheidung der
alliierten Regierungen sein wird.
Der Präsident hält es auch für seine Pflicht, hinzuzufügen, daß weder die Re-
gierungen der Vereinigten Staaten, noch er dessen ganz sicher ist, daß die Regierungen,
mit denen die Vereinigten Staaten als Kriegführende assoziert sind, einwilligen werden,
einen Waffenstillstand in Erwägung zu ziehen, solange die Streitkräfte Deutschlands
fortfahren, die ungesetzlichen und unmenschlichen Praktiken durchzuführen, bei denen sie
noch verharren.
Zu derselben Zeit, wo die deutsche Regierung an die Regierung der Vereinigten
Staaten mit Friedensvorschlägen herantritt, sind ihre U-Boote damit beschäftigt, auf
der See Vassagierschiffe zu versenken und nicht nur die Schiffe, sondern auch die Boote,
in denen ihre Passagiere und Besatzungen versuchen, sich in Sicherbeit zu bringen. Die
deutschen Armeen schlagen bei ihrem jetzigen erzwungenen Rückzug aus Flandern und
Frankreich cinen Weg mutwilliger Jerstörung ein, der immer als direkte Verletzung
der Regeln und Gebräuche der zivilisierten Kriegsführung betrachtet wurde. Die Städte
und Dörfer) wenn sie nicht zerstört sind, sind von allem, was sie enthalten, oft sogar
ihrer Bewohner, beraubt. Es kann nicht erwartet werden, daß die gegen Deutschland
assozierten Nationen einen Waffenstillstand zustimmen werden, solange die unmensch-
lichen Handlungen, Plünderungen und Verwüstungen fortgesebt werden, daß die sie
mit Recht mit Schrecken und empörten Herzen hinblicken.