8II. Die Meininger Domänenfrage. 57
lich und führt dieselbe selbstständig, jedoch unter der Oberaufsicht des Staatsministeriums.
Sie besteht aus drei Mitgliedern, einem vom Herzog ernannten und zwei vom Landtag
gewählten, vom Herzog bestätigten. —
§ 11. Die Meininger Domänenfrage ). Während zur Zeit des in der Einleitung erwähn-
ten Theilungsvertrags vom 12. November 1826 die Verfassungen der Herzogthümer Meiningen,
Coburg-Gotha und Hildburghausen den Ständen gleichmäßig das Recht einräumten und die Pflicht
auferlegten, über die Erhaltung der Substanz des Kammergutes zu wachen, fehlten in Meiningen
und Coburg-Gotha gesetzliche Bestimmungen darüber, wer als Eigenthümer des Kammer= oder
Domänenvermögens zu betrachten sei; in Hildburghausen war dasselbe durch Ges. vom 26. April
1820 für Staatsgut erklärt worden. In den drei Herzogthümern wurde der Abwurf des Domänen=
vermögens zur Unterhaltung der herzogl. Hofhaltungen verwendet.
Bei Abfassung der Verf.Urk. für das durch den Länderzuwachs vom Jahre 1826 vergrößerte
Herzogthum Meiningen glaubte man regierungsseitig die Eigenthumsfrage für das ganze Land
regeln zu sollen. Das gesammte Domänenvermögen wurde darin als Eigenthum des herzogl.
Specialhauses erklärt mit der Bestimmung, daß von seinem Abwurf zunächst die Kosten der
Hofhaltung und der herzogl. Familie bestritten, die Ueberschüsse aber der freien Disposition des
Herzogs zufallen sollten. Die Belastung des Dom.-Vermögens mit neuen Schulden und eine Ver-
äußerung der Substanz wurde von der Zustimmung der Stände abhängig gemacht. — Bei der in
der Einl. gleichfalls erwähnten nachträglichen Berathung der Verf. Urk. durch die auf Grund der-
selben zuerst gewählten Stände wurden gegen diese Grundsätze namentlich von den Vertretern des
früheren Herzogthums Hildburghausen lebhafte Bedenken geltend gemacht. Nach langen Verhand-
lungen, in welchen von den Vertretern der Regierung mehrfach anerkannt wurde, daß derjenige
Theil des Abwurfes des Dom. Vermögens, welcher nicht zur Deckung des Bedarfes der Hofhaltung
der herzogl. Familie und der Verzinsung und Tilgung der Kammerschulden erforderlich wäre, zur
Bestreitung der Ausgaben für die Landesverwaltung zu verwenden sei, einigten sich Regierung und
Stände über eine in dem Ges. vom 27. April 1831 zum Ausdruck gelangte Abänderung der Verf.
Urk. Durch dies Ges. wird die Eigenthumsfrage als eine offene erklärt, indem darin anerkannt
wird, daß durch die Verf.Urk. die Eigenschaft der Domänen in keiner Weise verändert sein, die
Domänen solche vielmehr, wie sie bis dahin anerkannt worden und rechtlich bestanden habe, be-
halten sollen. Die Verwendung der Einkünfte aus denselben wird in der Art geregelt, daß
letztere zunächst zur Bestreitung des Bedarfes des herzogl. Hauses und Hofes und zur Erfüllung
der sonst auf dem Dom. Vermögen ruhenden Verpflichtungen bestimmt sein sollen, und daß der
danach verbleibende Ueberschuß zur Verwendung für die Zwecke der Landesverwaltung an die
Landeskasse abzuliefern ist; ein mit den Ständen zu vereinbarender Theil desselben soll jedoch
dem Herzog zur eigenen Verfügung überlassen bleiben, um ihn im Interesse des Staatswohles zu
verwenden. Zur Feststellung des Domänenetats wurde den Ständen ein Beirath eingeräumt.
Der zwischen den Jahren 1831 und 1846 liegende Zeitraum charakterisirt sich einerseits
durch das Bestreben der Regierung, den aus den Dom.Revenuen zu Landeszwecken alljährlich zu
leistenden Beitrag zu fixiren und andererseits durch die Versuche der Stände, einen Einfluß auf
die Feststellung der jährlichen Bedürfnisse des herzogl. Hauses durch Vereinbarung eines Normal-
etats zu gewinnen und somit dem Lande einen möglichst großen Theil der Dom. Ueberschüsse zu
sichern. Einen Abschluß fanden diese gegenseitigen Bestrebungen durch das Ges. vom 26. März
1846 zu Gunsten des herzogl. Hauses; denn es wurde durch dasselbe für die Dauer der Regierung
des damals regierenden Herzogs Bernhard und auf weitere drei Jahre der alljährlich an die
Landeskasse abzugewährende Theil der Domänenüberschüsse auf 30000 Gulden festgesetzt und in
Consequenz davon der Beirath der Stände bei Feststellung des Dom. Etats und ihre Controlle über
die Dom.-Verwaltung beseitigt. Nach Ablauf des gedachten Zeitraumes sollte in Ermangelung
weiterer Vereinbarungen das Ges. vom 27. April 1831 wieder in Kraft treten. Für die Landes-
kasse hätte diese Neuerung wegen der successiv eingetretenen Steigerung der Dom, Ueberschüsse er-
hebliche Nachtheile im Gefolge haben können. Das Ges. von 1846 war aber nicht von langer
Dauer; denn schon durch das Ges. vom 13. März 1848 erfolgte die Wiederherstellung des Ges.
vom 27. April 1831. Die Landesvertretung beruhigte sich jedoch nicht hiebei, verlangte vielmehr
1) Nach Wunsch des Herrn Herausgebers folgt in Nachstehendem eine gedrängte, geschichtliche
Darstellung der Meininger Domänenfrage, welche seit dem Bestehen des Herzog-
thums in seiner jetzigen Gestalt (1826) bis zu der zwischen dem jetzt regierenden Herzog Georg
und der Landesvertretung durch das Ges. vom 20. Juli 1871 herbeigeführten Vergleiche eine Quelle
vielfacher, unangenehmer Streitigkeiten zwischen Regierung und Landesvertretung bildete und in
ihrem Verlaufe auch außerhalb des Herzogthums nicht unbedeutendes Interesse erregte.