Zweites Buch.
Erster Abschnitt.
Das öffentliche Sachenrecht.
S 33.
Die Enteignung; Voraussetzungen und Verfahren.
Gegenüber den im Ersten Buche unseres Besonderen Teiles
zusammengefaßten Erscheinungen zeigt die Enteignung stark ab-
weichende Grundzüge. Einneues Gebiet von Rechtsformen
der Verwaltung tut sich mit ihr auf.
In Polizeigewalt und Finanzgewalt stand der Staat über dem
Wechsel und der Mannigfaltigkeit des Lebens der Gesellschaft,
diesem folgend mit seinen Maßregeln und sich ihm anschließend,
um es in Ordnung zu halten und um die Geldmittel daraus zu
ziehen, die es ihm greifbar macht. Jetzt tritt er selbst in dieses
Leben der Gesellschaft ein, mitten unter die Einzelnen, als der
wie sie, und doch nicht wie sie, Geschäfte besorgen will,
äußerliche Mittel fürdiese Zwecke aufstellt und ver-
wendet, sächliche und persönliche, und dabei in allerlei Berührung
kommt mit seinen Untertanen, die er in ihrem Dasein und Wirt-
schaften bald fördert, bald in Anspruch nimmt. Er wird der große
Unternehmer für alle Nützlichkeiten, die für das Gemeinwohl,
„Im Öffentlichen Interesse“, geschaffen und besorgt werden sollen,
der intendant general, wie ihn die französische Rechtswissenschaft
bezeichnet !,
Diese seine Wirksamkeit zerfällt nach den bestimmten ein-
zelnen Zwecken, die da zu verfolgen sind, in die verschiedenen
öffentlichen Unternehmungen; darüber hier unten II.
LT —
' Auecoc, Conf. sur l'adm. In. 8: die Verwaltung „joue le röle d’intendant
general, d’homme d’affaire de la societe, mais d’intendant ayant autorite“, d. h.
ste hört darum nicht auf, nach öffentlichem Rechte zu leben.
Binding, Handbuch, VL. 2: Otto Mayer, Vorwaltungsrecht. II. 2. Aufl. 1