34 B. Erläuterungen z. Reichs= u. Staatsangehörigkeitsgesetz.
S. 200). Mit welcher Stimmenzahl das R. u. St Ges. im Bundesrat an-
genommen worden ist, läßt sich aus der Veröffentlichung im RGl.
nicht ersehen und ist auch nicht amtlich bekannt gegeben worden. Eine
ausdrückliche Feststellung hierüber wäre aber nötig gewesen, wenn die
88 33 ff. des R. u. St Ges. eine Übertragung landeshoheitlicher Rechte auf
das Reich und damit Verzichte der Bundesstaaten enthalten würden;
überdies hätten manche Landesregierungen zur Verzichtleistung noch der
Zustimmung ihrer Landtage bedurft. Da sonach das Landeshoheitsrecht
der Bundesstaaten, die Staatsangehörigkeit zu verleihen und zu ent-
ziehen, weder ganz noch teilweise auf das Reich übertragen worden ist
und das Reich keinen selbständigen Staat mit eigenem Untertanenver-
bande bildet, so kann die Befugnis des Reichskanzlers zur Verleihung
der unmittelbaren Reichsangehörigkeit nur als Ermächtigung der Landes-
regierungen aufgefaßt werden, in ihrem Namen eine für alle Bundes-
staaten gemeinsame Staatsangehörigkeit zu verleihen, die aber in ihren
Rechtswirkungen gegenüber der von den einzelnen Bundesgliedern ver-
liehenen Staatsangehörigkeit beschränkt ist. Bemerkt sei hier, daß der
Reichstag eine Resolution (Antrag der sozialdemokratischen Partei vom
28. Mai 1913, Reichstagsdrucks. Nr. 1015), „die verbündeten Regierungen
zu ersuchen, demnächst dem Reichstag einen Gesetzentwurf vorzulegen,
durch welchen statt der Staatsangehörigkeit ein einheitliches Reichs-
in digenat (unmittelbare Reichsangehörigkeit) für alle Deutschen
eingeführt wird“, in der Sitzung vom 30. Mai 1913 (Sten. Ber. S. 5340
B—0)abgelehnt hat.
Diese allgemeinen Ausführungen waren vorauszuschicken, weil hier-
aus bei Erörterung der einzelnen Gesetzesbestimmungen mancherlei Folgen
zu ziehen sind.
5. Das bayerische Edikt über das Indigenat vom 26. Mai 1818
(I. Beilage zur Verfassungsurkunde, s. unten S. 298) ist mit der Ein-
führung des B. u. St Ges. vom 1. Juni 1870 in Bayern d. i. mit dem
13. Mai 1871 großenteils außer Kraft getreten. Es hat aber u. a. noch
insofern Bedeutung, als es in den §§ 7—10 die Bestimmungen über
„den politischen Stand eines Staatsbürgers im Königreich Bayern“ ent-
hält. Der Besitz dieses Standes ist Voraussetzung
a) für die Ernennung zum erblichen Reichsrat der Krone Bayern
nach Titel VI § 3 der bayerischen Verfassungsurkunde und Art. II
Abs. 2 des Gesetzes vom 9. März 1828, die Bildung der Kammer der
Reichsräte betr.,
b) für das Wahlrecht und die Wählbarkeit eines Grundbesitzers,