unvergeßlich, die ganze Liebe eines Großvaters zu seinem Enkelsohn
kam dann zum Ausdruck. Das Essen fand in solchen Fällen immer
in dem Salon vor seinem Schreibzimmer statt, an einem kleinen
grünen Whisttisch, der sehr wacklig war und eine überaus vorsichtige
Behandlung verlangte. Zum Braten wurde eine Flasche Sekt auf
den Tisch gestellt, die der Kaiser selbst entkorkte und aus der er eigen-
händig sich und mir je zwei Glas einschenkte. Nach dem zweiten
Glas pflegte er die Flasche gegen das Licht zu halten und in der
Höhe des Inhalts einen Bleistiftstrich auf dem Etikett zu machen,
damit wollte er, sparsam wie er war, kontrollieren, ob die Diener
die Flasche aufhoben oder etwa seinem Befehl entgegen ihm am
nächsten Tage eine frische vorsetzten. Geraucht wurde nach Tisch
nicht, wie der Kaiser überhaupt nicht zu rauchen pflegte, besuchte er
ein Offizierkasino, so zündete er sich wohl eine Zigarette an, um das
Zeichen zum Rauchen zu geben, nahm aber nur wenige Züge.
Bei diesem kleinen Essen zu zweien pflegte mein Großvater mit
seinen Gedanken oft in die Vergangenheit zu schweifen und Episoden
und Anekdoten aus verklungenen Zeiten zu erzählen. Einige davon,
die von seinem bekanntlich sehr witzig gewesenen Bruder handeln,
erscheinen mir der Wiedergabe wert.
König Friedrich Wilhelm IV. war einst vom Generalintendanten
der Königlichen Theater gebeten worden, einer neuen Oper beizu-
wohnen. Der Besauch gestaltete sich aber sehr langweilig, und der
König verließ schon vor Ende des ersten Aktes die Vorstellung. Wie
er aus seiner Loge heraustritt, sieht er den Logenschließer auf seinem
Stuhle sitzend und in tiefsten Schlaf versunken. Entsetzt will der
Intendant auf den pflichtvergessenen Beamten zueilen, um ihn zu
wecken, — als der König ihn zurückhält und mit den Worten zu be—
gütigen versucht: „Pst! Lassen Sie ihn! Er hat gehorcht!“ J
Es war damals, wie noch zu meiner Zeit, üblich, sich die Abend—
stunden in Gesellschaft mit Scharaden zu vertreiben. Oft ließ der
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