Full text: Kaiser Wilhelm II. Aus meinem Leben 1859-1888.

Den Chef des Zivilkabinetts v. Wilmowski habe ich nur in der 
Zeit zu sehen Gelegenheit gehabt, als mein Vater 1878 die Sitell- 
vertretung meines Großvaters übernommen hatte und in Hom- 
burg residterte. Er war ein stiller pflichttreuer Mann, der sehr 
zurückgezogen und ausschließlich seiner ausgedehnten Arbeit lebte. 
Bei seinem Abgang hat er mir Lrcanus als seinen Nachfolger 
empfohlen. 
Der Generaladjutant Graf Lehndorff stammte aus altem ost- 
preußischen Geschlecht. Sein Vater hatte im Jahre 1813 das mit 
Lanzen bewehrte ostpreußische National-Kavallerieregiment aufgestellt, 
das den Stamm für das später errichtete Garde-Husarenregiment 
abgab. Das durchschnisttliche Größenmaß weit überragend, wohl- 
proportioniert, war er in seiner Erscheinung der Topus des altpreußit- 
schen Edelmanns und Offiziers. Mi#t unverbrüchlicher Treue seinem 
Köntglichen und späteren Kaiserlichen Herrn ergeben, war der „schöne 
Graf“ allgemein verehrt und beliebt. Er bewies gegen jedermann 
ausgesuchte Höflichkeit und Zuvorkommenheit. Der Damenwelt gegen- 
über machte seine ritterliche Artigkeit ihn zu einem Charmeur, der 
alle Herzen gewann. Man kann ihn wohl mit Recht als Haupt- 
und Zentralfigur der meinen Großvater umgebenden sogenannten 
„Maison militaire“ bezeichnen; es kam selten vor, daß mein Groß- 
vater nicht von ihm begleitet war. Im Dienst stand er stets auf 
dem Posten und konnte mit seinem präsenten Wissen auf alle Fragen 
sofort und erschöpfend antworten. Dabei besaß er eine gute Dosis 
Mutterwitz, der sich zuweilen in treffenden humoristischen Bemerkungen 
Luft machen konnte. Als z. B. Prinz Alexander von Battenberg, 
der als Leutnant bei den Garces du Corps stand, zum Fürsten von 
Bulgarten gewählt wurde, beförderte der Katser ihn trotz seiner Jugend 
zum Oberst, Graf Lehndorff aber bemerkte bei diesem Anlaß sarkastisch 
zu General v. Albedpll: „Wenn ich der Battenberger wäre, würde 
ich jeczt abschnappen und Bulgarten fahren lassen!- 
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