Den Chef des Zivilkabinetts v. Wilmowski habe ich nur in der
Zeit zu sehen Gelegenheit gehabt, als mein Vater 1878 die Sitell-
vertretung meines Großvaters übernommen hatte und in Hom-
burg residterte. Er war ein stiller pflichttreuer Mann, der sehr
zurückgezogen und ausschließlich seiner ausgedehnten Arbeit lebte.
Bei seinem Abgang hat er mir Lrcanus als seinen Nachfolger
empfohlen.
Der Generaladjutant Graf Lehndorff stammte aus altem ost-
preußischen Geschlecht. Sein Vater hatte im Jahre 1813 das mit
Lanzen bewehrte ostpreußische National-Kavallerieregiment aufgestellt,
das den Stamm für das später errichtete Garde-Husarenregiment
abgab. Das durchschnisttliche Größenmaß weit überragend, wohl-
proportioniert, war er in seiner Erscheinung der Topus des altpreußit-
schen Edelmanns und Offiziers. Mi#t unverbrüchlicher Treue seinem
Köntglichen und späteren Kaiserlichen Herrn ergeben, war der „schöne
Graf“ allgemein verehrt und beliebt. Er bewies gegen jedermann
ausgesuchte Höflichkeit und Zuvorkommenheit. Der Damenwelt gegen-
über machte seine ritterliche Artigkeit ihn zu einem Charmeur, der
alle Herzen gewann. Man kann ihn wohl mit Recht als Haupt-
und Zentralfigur der meinen Großvater umgebenden sogenannten
„Maison militaire“ bezeichnen; es kam selten vor, daß mein Groß-
vater nicht von ihm begleitet war. Im Dienst stand er stets auf
dem Posten und konnte mit seinem präsenten Wissen auf alle Fragen
sofort und erschöpfend antworten. Dabei besaß er eine gute Dosis
Mutterwitz, der sich zuweilen in treffenden humoristischen Bemerkungen
Luft machen konnte. Als z. B. Prinz Alexander von Battenberg,
der als Leutnant bei den Garces du Corps stand, zum Fürsten von
Bulgarten gewählt wurde, beförderte der Katser ihn trotz seiner Jugend
zum Oberst, Graf Lehndorff aber bemerkte bei diesem Anlaß sarkastisch
zu General v. Albedpll: „Wenn ich der Battenberger wäre, würde
ich jeczt abschnappen und Bulgarten fahren lassen!-
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