Full text: Kaiser Wilhelm II. Aus meinem Leben 1859-1888.

J. 
Bop nach meiner Einsegnung wurde mir eröffnet, daß meine 
Eltern bestimmt hätten, ich solle von nun an das Gymnasium 
in Kassel besuchen, um dort meine Schulbildung abzuschließen und 
das Abiturientenexamen zu bestehen. 
Der Urheber dieses Blanes war Hinzpeter, er betrieb ihn bereits 
seit 1870, die ersten Borschläge hatte er meiner Mutter in Homburg 
gemacht und sie dann in einer Denkschrift meinem Vater nach Ber- 
sailles gesandt. Als die Gründe, die ihn zu diesem Vorschlage ver- 
anlaßten, gab mein Erzieher, wie er in seinen Aufzeichnungen rück- 
blickend feststellt, in mehreren Denkschriften hauptsächlich folgende an: 
Es sollte der ganzen Erzlehung durch Unterwerfung unter eine 
dußere unabänderliche, der Willkür entzogene Norm eine Ruhe und 
Stetigkeit gegeben werden, welche die Privaterziehung, namentlich 
bei den Ansprüchen und Gewohnheiten des Hoflebens, trotz des 
ernsten Willens aller Beteiligten, unmöglich herstellen lassen, und 
die doch auch eine Vorbedingung günstiger Entwicklung sind 
Eine weltere günstige Folge des Unterwerfens unter eine spstemattsch 
ausgearbestete und streng festgesetzte Regel sollte die Gewöhnung an 
strenge unerbittliche Pflichterfüllung und Konzentration aller Kräfte 
auf die unmtttelbar vorliegende Aufgabe sein. Für den künftigen 
Souverän, Leiter eines Bolkes, schien es von der höchsten Wichtig- 
keit zu sein, daß er Gedanken und Gefühle desselben kenne und ver- 
stehe, und das ist doch nur möglich, wenn er denselben Bildungsgang 
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