gehabt, den der Gebildetste desselben durchgemacht, wenn er mit
denselben Vorstellungen und Grundsätzen genährt werde wie sie, wenn
er auch Gelegenheft gehabt, mit Menschen aus anderen, von seiner
späteren gewohnten Umgebung verschiedenen Klassen in vielfach nähere
Berührung zu kommen .»
Die Verwirklichung seines Planes scheint meinem Erzieher erheb-
liche Schwierigkeiten bereitet zu haben, wie aus seinen Aufzeichnungen
zu entnehmen ist. Er betont, daß es sich dabei um einen Bruch mit
der Tradition an dem in Familienangelegenheiten konservativsten Hofe
der Welt gehandelt habe, auch die Borstellung von einem Thronerben
auf der Schulbank, schutzlos der Kritik der Welt preisgegeben, hätte in
weiten Kreisen Anstoß erregt und der Plan ihrer Verwirklichung hef-
tigen Widerstand erfahren. Hinzpeters Anregung wurde daher zunächst
nur als Direktive hingestellt, und demgemäst wurde, wie ich bereits
schilderte, außer der Mathematik auch das Griechische in den Unter-
richtsplan aufgenommen, seine in der Erzkehung von Prinzen uner-
hörte und vielkritisierte Maßregelo. Aber mit der ihm eigenen west-
fälischen Zähigkeit überwand Hinzpeter alle Widerstände, die sich
seinem Blan in den Weg stellten. Zu Anfang des Jahres 1874
scheint dessen Ausführung genehmigt worden zu sein.
Für die Wahl des Ortes ließ Hinzpeter sich von, dem Gestchts-
punkt leiten, daß dieser eine gesunde Lage besigen und in der Nähe
einer größeren Stadt gelegen sein müsse, um die Lehrmittel für den
französischen und englischen Unterricht, die das Gymnasium nicht bot,
erreichbar zu machen. Im März 1874 dachte er in erster Linie an
Homburg oder Wiesbaden, erst eine Neise im August dürfte die Ent-
scheidung für Kassel gebracht haben.
In der Tat war Kassel ein geradezu ideal zu nennender Ort für die
Schulsugend. In der kleinen Stadt beherrschten die Schulen damals
das ganze Leben wie sonst nur die Universitäten. Die schöne Gegend
mit ihren herrlichen Gartenanlagen gab Gelegenheit genug zu Spa-
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