Full text: Kaiser Wilhelm II. Aus meinem Leben 1859-1888.

Alle diese Persönlichkeiten, zu denen noch manche andere aus 
allen Ständen hinzukamen, Offiziere, Professoren, Beamte, alte 
Kurhessen und stramme Preußen, sah ich auch häufig bei mir zu 
Gast. Es gehörte mit zu Hinzpeters Brogramm, eine „Versöhnung 
der Stände“ herbeizuführen. Daher mußte General v. Gottberg 
wöchentlich einmal ein Diner arrangieren, zu dem die Einladungen 
diesem Brogramm entsprachen. Hinzpeter nannte das seine „Ber- 
söhnungsdiners“. 
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Spaziergänge und kleinere wie größere Ausflüge unternahm mein 
Mentor mit uns in der gleichen Weise wie früher in Berlin und Bots- 
dam. Wir haben so die nähere oder weitere Umgebung von Kassel 
zu Fuß oder zu Pferd gründlich abgestreift und Gegend wie Menschen 
gut kennen gelernt. Hinzpeter pflegte bei diesen Gelegenheiten das 
Angenehme mit dem Aützlichen zu verbinden, indem er uns historische 
oder andere Themen vortrug oder auch sich vortragen ließ, sedenfalls 
bot sich hier in der freien Natur Gelegenheit zu reichem Gedanken- 
austausch und lehrreichen Beobachtungen. 
Wir haben in der Kasseler Zeit nur eine Reise, und zwar im 
Sommer 18756, nach Scheveningen gemacht. An diese Wochen, die 
wir, alle Kinder, mit unseren Eltern in dem holländischen Seebade 
verlebten, gedenke ich mit besonderer Freude und erinnere mich noch 
mancher Einzelheiten. Bor allem war es so schön, daß mein Vater 
in der Ungebundenheit des Badelebens, fern dem Hofe und allem 
Zwang, seiner inneren Natur folgen konnte und ganz kameradschaft- 
lich mit uns lebte. So entsinne ich mich noch voller Vergnügen, wie 
er mit uns auf den Utrechter Waffelmarkt ging und uns zu inten- 
siver Tätigkeit mit den Worten aufforderte: „Futtert euch man ordent- 
lich voll“ — und Hinzpeter mußte sich darauf beschränken, ein finsteres 
Gesicht zu machen! 
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