Full text: Kaiser Wilhelm II. Aus meinem Leben 1859-1888.

zu haben. Er war übrigens einer der letzten Offiziere der Armee, 
der noch die Flügeladfutantenschnüre von meinem Großvater erhielt. 
* 
Es war mir eine stolze Freude, bei der Besichtigung der 6. Kom— 
pagnie durch meinen Großvater am 24. März auf dem historischen 
Lustgarten meinen Zug vorführen zu dürfen, und sowohl meines 
Großvaters, wie meines Baters Anerkennung zu finden. Nach der 
Kompagniebesichtigung pflegte mefn Großvater das Frühstück beim 
Offizierkorps des Ersten Garderegiments zu Juß einzunehmen. Dies- 
mal sollte es eine besondere Weilhe erhalten. Es war eine alte Sitte 
im Regiment, daß beim Schluß des Essens zu Ehren des Offiziers, der 
gerade Geburtstag hatte, ein Kuchen mit einem der Anzahl seiner Lebens- 
jahre entsprechenden Lichterkranz herumgereicht wurde. Wer beschreibt 
unsere freudige Uberraschung, als zum Schluß des Frühstücks für 
meinen Großvater, dessen 80. Geburtstag zwei Tage vorher gewesen 
war, ein Lichterkuchen mit 80 Lichtern aufgetragen wurde! Ein 
spontanes dreimal donnerndes Hurra brauste dem Obersten Kriegs- 
herrn aus fungen und alten Kehlen seines Ersten Garderegiments 
zu Fuß entgegen. Dann verteilte der Kaiser an die ergriffenen Teil- 
nehmer des Frühstücks die Lichter, die wohl von allen sorgsam auf- 
bewahrt sein werden. Ich habe das meine erst durch die Bernich- 
tung meiner Briefschaften und persönlichen Andenken in der Revo- 
lution verloren. 
Die Ausbildung im Felddienst während der Sommerpertode fand 
in der Umgebung von Potsdam statt. Dabei kam mir meine auf 
den zahllosen Spazsergängen mit Hinzpeter erworbene Geländekenntnis 
gut zustatten. Einige Felddienstübungen gegen wirklichen Gegner 
fanden unter den Augen meines Baters statt, und ich darf sagen, 
daß er dabei meinem Verhalten Beifall zollte. Ein wichtiger Tag 
war für mich fungen Premterleutnant der 1. April, an dem ich Ge- 
legenheit hatte, dem Obersten v. Derenthall im Betsein meines 
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