Vaters die 6. Kompagnie auf dem Bornstedter Felde vorzuexerzieren.
An jenem Tage schrieb mein Vater in sein Tagebuch: „Wilhelm
exerzierte die 6. Kompagnie vorm Kommandeur Oberst v. Deren-
thall recht gut, fast fehlerlos und ohne alle Hilfe. Er hat sich auch
in der Dienstinstruktion und der Gewehrkenntnis sicher erwiesen. Er
findet überall Anerkennung wegen hingebenden Eifers und Passion,
auch soll er militärische Anlagen zeigen, die auf Talent schließen lassen."
Neben meinem praktischen Dienst, der fast den ganzen Tag aus-
füllte, mußte ich mich noch zum Offiziersexamen vorbereiten. Die
notkwendigen Kenninisse vermittelten mir die mit dem Unterricht be-
auftragten Offiziere: Hauptmann v. Neumann Waffenlehre, Haupt-
mann Diener Befestigungslehre, Hauptmann Meper Feldkunde und
Hauptmann Bietinghoff, gen. von Scheel Taktik und Nebenfächer.
Das Examen fand am 14. Juli in Gegenwart meines Baters vor
dem gefürchteten Bräses der Ober-Militärexaminations-Kommission,
dem General der Infanterie v. Holleben statt, und ich kann sagen,
daß ich dabei gut bestand.
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Das Reglement, nach dem die Infanterie zur Zeit meines Ein-
tritts ausgebildet wurde, war, abgesehen von wenigen Modifikationen,
wie z. B. den kurz vor dem Kriege 1806 von General v. Steinmetz
eingeführten Halbbatafllonen, im allgemeinen noch dasselbe wie zu
Anfang des 19. Jahrhunderts. Die von der Truppe ersehnte Um-
gestaltung des Reglements hatte weder das Jahr 1866 noch das
Jahr 1870 gebracht. So waren z. B. bei der Ausbildung des
Batakllons einerseits Bewegungen desselben nur unter Kommando
des Batafllonskommandeurs auszuführen, während anderseits bei
der Gefechtsausbildung das Batatllon in vier Kompagniekolonnen
guseinandergezogen wurde, deren vor ihrer Front befindliche Haupt-
leute die Befehle des Bataillonskommandeurs durch eigenes Kom-
mando ausführten. Der Hauptmann war also bei der Bataillons-
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