Dem Korps der Borussen hatte mein Bater seinerzeit angehört,
und so war es nur natürlich, daß auch ich den weißen Stürmer
tragen sollte. In diesem Kreise froher Jugend habe ich wunder-
volle Zeiten verlebt, alle Pflichten, die das Korps an mich stellte,
erfüllt, alle Beranstaltungen, nur Student unter Studenten, froh-
gemut mitgemacht. Der Geist, der unter diesen jungen Leuten ge-
pflegt wurde, war vortrefflich, die Begriffe König und Baterland
stellten die höchsten Ideale dar, die Erziehung zu Staatsgesinnung,
Pflichterfüllung und Kameradschaft war vorbildlich. Auf Disziplin
wurde streng gehalten, doch ohne berechtigtem Frohsinn Gewalt an-
zutun.
Als Beispiel für die Lebensklugheit, mit der diese lustigen und
lebensfrohen jungen Herren verfahren konnten, möchte ich ein kleines
Erlebnis aus meiner Studienzeit hierher setzen. Ein hochstehender
Alter Herr aus altem Adelsgeschlecht, Kammerherr an unserem Hofe,
liebte es bei seinen Besuchen, unter der Maske scheinbaren Berauscht-
seins andere zu necken, zuweilen sogar beleidigende Bemerkungen zu
machen. Das Korps trat zu einem Konvent zusammen und faßte
den sehr vernünftigen Beschluß, dem Friedensstörer „Narrenfreiheit
zu erteilen". Dies bedeutete, daß seine Anrempelungen niemals als
Beleidigungen aufgefaßt werden durften, sondern als Narrenstreiche
auch von den Betroffenen belacht werden sollten. Der Alte Herr,
der von diesem Beschluß keine Kenntnis hatte, war nicht wenig er-
staunt, als er bei seinen Anzapfungen nur noch schallende Heiterkeit,
aber keine Pikiertheit zu erzielen vermochte, so daß er das Bergnügen
bald aufgab — sehr zur allgemeinen Erleichterung.
Zu den Schattenseiten gehörte, wie nicht zu leugnen ist, das starke
Trinken, und ich habe in dieser Bezkehung damals und später das
meine getan, um dieser Unsttte zu steuern, hoffentlich wird die sport-
liche Bewegung, die setzt durch Deutschland geht, die letzten Ubel-
stände besektigen. Ich selbst war nicht aktiv, sondern nur „Kon-
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