begegnet. Im Thäätre Frangais habe ich das klassische Spiel einer
Madame Agar in dem ergreifenden Stück „Les Fourchambault“ be-
wundert, das vortrefflich gegeben wurde. Die entzückende Umgebung
von Paris, vor allem St. Cloud sowie Versailles mit seinen histo-
rischen Erinnerungen und Wasserkünsten, übte wie auf alle Reisen-
den auch auf mich einen eignen Reiz aus. Doch die fiebrige Hast
und Unruhe des Pariser Lebens stieß mich sehr ab. Ich habe nie-
mals Sehnsucht gehabt, die französische Hauptstadt wieder zu be-
suchen.
t * *
Am 14. Obktober sollte mein Bruder Heinrich eine Weltumsegelung
von zweifähriger Dauer antreten. Ich reiste daher von Paris über
Kiel zurück und kam gerade noch zurecht, um ihm Lebewohl zu sagen.
Ich beglektete meinen Bruder auf der gedeckten Korvette „Prinz
Adalbert“, die ihn in die fernen Meere tragen sollte, bis zum Aus-
gang der Kieler Förde. Kurz vor Bülk nahm ich endgültig Ab-
schied und kehrte auf dem „Notus“ nach Kiel zurück, indes die Kor-
vette in die blaue Weite zog. Wir ahnten nicht, wieviel Schweres
uns bevorstand — ihm auf dem Meere, uns beiden in der Famtlie.
Zum Geburtstag meines Vaters war ich wieder daheim in Pots-
dam und konnte ihn mit hübschen Geschenken aus Paris erfreuen.
Ende Oktober kehrte ich in mein drittes Semester nach Bonn zurück.
Bald danach traf mich der Berlust meiner geliebten Tante Alice in
Darmstadt, von dem ich schon sprach, und hüllte den Ausgang des
Jahres 1878 in Ernst und Trauer.
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Ernst und Trauer waren die Zeichen, unter denen auch das Jahr
1879 stand. Ein freudiges Familienfest, die Hochzektt von Prinzeß
Luise Margarethe von Preußen mit dem Herzog von Connaught zu
Windsor hatte mich, zum ersten Male seit 1871 wieder gemeinsam
mit meinen Eltern, nach England geführt. Wir erlebten es damals,
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