Unsere Gegner haben sich diese Erkenntnis zunutze gemacht. Die
Japaner als die „Breußen des Ostens“ nahmen schon vor dem Kriege
unsere Disziplinlehre auf und wandten sie erfolgreich an. Die Franzo-
sen, die vor 1914 über den „Preußischen Drill“ spöttelten, wurden
durch die Erfahrungen des Jahres 1014 klug und bedienten sich der
rücksichtslosesten Methoden, um im Laufe des Krieges das Versäumte
nachzuholen und wenigstens formell eine eiserne Manneszucht zu er-
zwingen. Site erreichten ihr Ziel gerade zu einem Zeitpunkte, als
bei uns von rückwärts die Disziplin gelockert wurde.
In meiner langen militärischen Laufbahn und während meiner
Regierungszeit habe ich persönlich oft genug mit Znteresse die ge-
spannte Aufmerksamkeit beobachten können, mit der die fremden Sou-
veräne oder ihre Militärattachés unsere Paraden verfolgten. Der
hohe Stand unserer Armee, der bei den Paraden zum geschlossensten
Ausdruck kam, zeigte ihnen den Wert unserer Freundschaft — und
unserer Feindschaft. So wirkte die Armee tätig in der großen Po-
litik mit. Bei den Manövern war es nicht anders, und die Schluß-
paraden zeigten, daß die Truppe nach dem Gefecht genau so in der
Hand der Führer war, wie vor dem Gefecht und während des Ge-
fechts. Auch die andere Art der erwähnten Vorführungen hatte ihre
eigene Bedeutung. Wenn z. B. die Fürstlichkeiten, die Chefs von
Regimentern waren, ihre Truppe dem Katser oder fremden Monarchen
vorführten, wie ich das ebenfalls mehrfach schildere, so sollte darin
der Stolz des Regimentschefs über seine enge Verbundenheit mit
der Truppe zum Ausdruck kommen.
Den tleferen Sinn der geschilderten milltärischen Vorführungen
muß man sich vor Augen halten, wenn man sich ein Urtell darüber
bilden will, welcher Wert ihnen gelegentlich von Gürstenbegegnungen,
zu denen vbelfach wichtige politische Aussprachen den Anlaß gaben,
belzumessen war. Ste übertrafen durch ihre Eindrucksfählgkeit sowohl
ihre rein militärtsche Zweckbestimmtheit als auch ihre Brauchbarkeit
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