Als ich mich bei meinem Großvater zum Generalmajor befördert
und zum Kommandeur der 2. Garde-Infanteriebrigade ernannt mel-
dete, drückte er mir mit anerkennenden Worten für meine Regiments-
führung die Hand und sprach die Hoffnung aus, daß ich mich auch
in die größeren Berhältnisse einer Brigade bald einarbeiten werde.
Beim Berlassen der Gemächer meines Großvaters nahm mich General
v. Albedpll in eine Fensternische beiseite und eröffnete mir, er würde
es vollkommen verstehen, wenn mir der Antritt des neuen Kom-
mandos unbequem wäre, da mir eine Wohnung in Berlin nicht zur
Verfügung gestellt werden könnte, allein Seine Majestät habe er-
klärt, daß bei der dauernden Abwesenheit meines erkrankten Baters
er mich in seiner Nähe zu haben wünsche. Als er daraufhin dem
Kaiser die 2. Garde-Infanteriebrigade für mich vorgeschlagen habe,
habe der Kaiser erstaunt ausgerufen: „Aber Albedpyll, bedenken Sie
doch, bisher hat der Junge ein Regiment mit etwa zwanzig bis
fünfundzwanzig Offizieren kommandiert, nun soll er mit einemmal
drei Regimenter mit drei Regimentskommandeuren, drei Offizier-
korps und neun Bataillonen befehligen! Das ist fa ganz unmög-
lich!.“ Albedpll will darauf geantwortet haben: „Er wird's schon
machen!“, worauf mein Großvater seinen Borschlag genehmigt habe.
In meinen neuen Pflichtenkreis suchte ich mich so schnell wie mög-
lich einzuarbeiten. Die drei Regimentskommandeure waren Oberst
v. Collas (2. Garderegiment zu Fuß), in früherer Zeit Regiments-
adfutant bei General v. Pape, Oberst Freiherr v. Wilczek (4. Garde-
regiment zu Fuß) und Oberst Blecken v. Schmeling (Garde-Füsilier=
regiment). Durch häufige Besuche der Offizierkorps der drei Regi-
menter gewann ich beste kameradschaftliche Fühlung mit ihnen. Kom-
mandeure wie Offiziere haben in der kurzen Zeit, in der ich die
Brigade führen konnte, mich in hingebender Weise unterstützt. Ich
wohnte den Rekruten= und Kompagniebesichtigungen bei und war
sockterhin auch während der Ausbildung der Bataillone alle Tage
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