Full text: Kaiser Wilhelm II. Aus meinem Leben 1859-1888.

Hürde, und alle Hindernisse wurden in Schwadronsfrontbreite an- 
gelegt. Sobald wir im Frühfahr auf das Feld hinauskamen und 
mit Zug= und Eskadronsausbildung begannen, wurden die Pferde 
erst einzeln, dann glieder= und schließlich eskadronsweise im Nehmen 
dieser Hindernisse geübt. 
Jeden Morgen erschien der General auf dem Felde und machte 
mit seinen drei Regimentskommandeuren einen zweimaligen 900= 
Schritt-Galopp um das ganze Bornstedter Feld herum, was von uns 
„die Rundreise“ genannt wurde. Hierbei pflegte er sich eifrig mit 
uns über dienstliche Angelegenhekten zu unterhalten, „da die Uber- 
windung des Geländes Sache des Pferdes sei und der auf ihm 
sitzende Reiter seinen Kopf mit anderen Dingen beschäftigen, auch 
durch Sprechen die Lunge trainieren müsse“. Beim Anreiten gegen 
die Hindernisse verlangte er eine kurze Meldung, wobei die Rechte 
zu militärischem Gruß an die Mützge geführt werden mußte. Er 
zwang uns dadurch, beim Sprung die Zügel mit einer Hand zu 
führen, dem Pferde volle Frekheit zu gewähren statt sie ins Maul 
zu reißen. Auf diese Weise bewahrte er uns vor dem Schicksal so 
mancher Kavalleristen, das Rosenberg mir gegenüber einmal in den 
prägnanten Ausdruck faßte: „Biele Kavalleristen können nur im 
Schritt, einige noch im Trabe denken, aber im Galopp zu denken 
ist nur wenigen gegeben.“ Das letztere hat uns Versen gründlich 
beigebracht! 
Versen war mit einer liebenswürdigen Amerkkanerin verheiratet, 
die ihn in reizender Welse bei der Erfüllung seiner gesellschaftlichen 
Pflichten unterstützte, gastfreundlich stand ihr Haus allen Offizieren 
der Brigade offen. In dem von ihm hübsch ausgebauten Souterrain 
seines Hauses veranstaltete er lustige Brigade-Bierabende, wo alle 
Chargen bunt durcheinander saßen und bek schäumendem Bter Anek- 
doten aus threm dienstlichen Leben zum besten gaben oder Gespräche 
über Fragen der Kavallerke führten, diesen Raum nannte der Kamergd 
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