Volk hatte im allgemeinen das instinktiv richtige Gefühl, daß sein
Wachstum zu gleicher Zeit auch Ausbreitung erfordere, Ausbreitung
ihrerseits aber den Besitz von Kolonien bedinge. Nur so war Aus-
wanderung in fremde Länder unter Aufgabe des eigenen Vaterlandes
zu vermeiden. Sowohl der Fürst wie das Volk und die Kaufmann-
schaft hatten jedoch noch nicht den Schluß gezogen, daß Kolontal-
besitz auch eine Flotte erfordert, die imstande ist, dieses Gut vor
fremder Raubgier zu schützen.
Einmal gelang es mir, den Fürsten stutzig zu machen, es war,
als ich ihm eine Mitteklung meines Bruders berichtete. Als S. M.S.
„Prinz Adalbert“, auf dem Heinrich damals als Kadett diente, in Ost-
asien eintraf, fand selbstverständlich ein lebhafter Berkehr mit der dor-
tigen deutschen Kolonie und den Vertretern der deutschen Firmen statt.
Wie erstaunten aber mein Bruder und die Offiziere des Schiffs, als
ihnen häufig aus deutschen Kreisen die Meinung entgegentrat, sie
brauchten keine deutsche Flotte, sie hätten sa dort eine britische Flotte,
die ebensogut für fhren Schutz da sei wie für die Briten. Auf
diese Erzählung hin wurde der Fürst denn doch sehr ärgerlich und rief,
mit der Faust auf den Tisch schlagend: „Dieses undeutsche Wesen muß
endlich aufhören!“ „Zawohl, Durchlaucht“, erlaubte ich mir darauf
zu sagen, „es wird aufhören, sobald Eure Durchlaucht uns zu einer
deutschen Flotte verhelfen!“ Aus dieser Erkenntnis habe ich später
die Folgerungen gezogen und mit Hilfe des Admirals v. Tirpitz die
deutsche Flotte geschaffen.
Auch zu Graf Herbert Bismarck habe ich gute Beziehungen unter-
halten. Uns verband neben den dienstlichen Interessen vor allem
die gemeinsame Verehrung für seinen großen Bater. Graf Herberts
Arbeltselfer, seine unverwüstliche Arbektskraft und seine politischen
Kenntnisse waren bewundernswert, ohne die Genialttät seines Vaters
zu besitzen, war er zweifellos dessen begabtester und bedeutendster
Schüler. Im vpersönlichen Verkehr konnte er bei all seiner Grobheit
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