unbestreitbar großen Verdienste Disraelis mußte sie aber so hoch
angeschlagen haben, daß es ihr möglich war, über solche Eigenschaften
hinwegzusehen.
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In hohem Maße anregend war es steis für mich, das ungemein
lebhafte Interesse der Engländer am Sport, um den man sich damals in
Deutschland noch gar nicht bekümmerte, zu beobachten. Recht bezeichnend
waren in dieser Beziehung meine Erlebnisse bei einem großen sport-
lichen Ereignis, dem berühmten Kricket-Match zwischen Eton und
Harrow, das sich neben der Oxrford= und Cambridge-Regatta zu einem
englischen Nationalfest entwickelt hatte. Die Anteilnahme der Zu-
schauer war außerordentlich stark. Alle Anwesenden trugen — die
Herren im Knopfloch, die Damen an den Hüten — Schleifen mit
dem Hellblau der einen oder dem Dunkelblau der anderen Bartei.
Eine lebhafte alte Dame, die hinter mir auf einem Stuhl stand, be-
merkte mein Interesse für das Spiel und zugleich, daß ich ein
Fremder war. Sie lud mich ein, einen neben ihr stehenden leeren
Stuhl zu besteigen und belehrte mich mit erstaunlicher Sachkenntnis
über die beteiligten Personen und die einzelnen Bhasen des Spiels.
Plötzlich fiel ihr auf, daß ich kein Band, weder ein hell= noch ein
dunkelblaues, in meinem Knopfloch hatte, und sie half diesem Mangel
dadurch ab, daß sie kurz entschlossen ein Stück ihres Hutbandes ab-
schnttt und mir ins Knopfloch praktizierte. Als ich sie fragte, welche
Partek diese Farbe führe, antwortete sie: „Eton of coursel Now
Vvou look a full-blown gentleman, voung man. Before, you were
only half one') !“ Ich bedankte mich höflich und nahm schließlich
herzlichen Abschied von meiner „Wohltäterin“.
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*) „Eton natürlich! Jetzt sehen Ste erst wie eln ganzer Gentleman aus, funger
Mann! Vorher waren Ste nur ein halber!“
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