Full text: Kaiser Wilhelm II. Aus meinem Leben 1859-1888.

Grenadierkorps in Moskau. An der Tür empfing mich der Kom- 
mandant der Moskauer Mtlitärbezirke General Graf Brevern de la 
Gardie. Auf seinen Wunsch rief ich den Truppen den üblichen Gruß zu, 
der von den zwölf Bataillonen unisono erwidert wurde und dem ein 
dreifaches Hurra folgte. Die Haltung der Bataillone unter präsen- 
tiertem Gewehr war ebenso wie der Parademarsch gut, das Marsch- 
tempo flott und etwas schneller als bei uns. 
Bei dem darauffolgenden Frühstück für die höheren Vorgesetzten 
im Kreml lernte ich einen Teil der bereits ziemlich bejahrten Gene- 
räle kennen. Manche von ihnen waren in füngeren Jahren in 
Berlin gewesen und sprachen anerkennend von unserer Armee sowie 
ihren alten Beziehungen zur russischen von den Befreiungskriegen her. 
So fragte mich z. B. der General Graf Brevern eingehend über 
Berlin und Potsdam aus, wo er seinerzeit gewesen war. Als er 
mich nach vielen Persönlichkeiten des Hofes, der Gesellschaft und der 
Garde befragte, von denen ich nur durch Hörensagen etwas ver- 
nommen hatte, wurde ich stutzig und stellte an den General die GFrage, 
wann er denn zuletzt in Berlin gewesen sei, worauf er mir ant- 
wortete: „Anno 18741“ Unter den Generälen befand sich auch ein 
liebenswürdiger älterer Herr, der mir, sowekt ich mich erinnere, als 
Oberst Kisslinski vom Grenadierregiment Generalfeldmarschall Graf 
Barclap de Tollp vorgestellt wurde, der ebenfalls von vielen preußi- 
schen Erinnerungen zu erzählen wußte. Ich hatte die Empfindung, 
daß bei diesen Herren der älteren Generation die Traditionen der 
preußisch-russischen Waffenbrüderschaft noch lebendig waren und gerne 
aufgefrischt wurden. 
Den Abschluß meines Moskauer Aufenthalts bildete ein Abschieds- 
essen am 25. Mak, das mir Fürst Dolgorukoff gab, und zu dem das 
Stadtoberhaupt von Moskau sowie die Generalität geladen waren. 
Küche und Keller des Fürsten waren berühmt, und beide recht- 
fertigten ihren Ruf an diesem Abend. Schon die Sakußka (Vor- 
304
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.