Full text: Kaiser Wilhelm II. Aus meinem Leben 1859-1888.

so weit und so ausführlich tun, als es im Interesse des Berständ- 
nisses nötig ist. 
Am 22. April 1879 wählte die bulgarische Nationalversammlung 
in Tirnowo den ihr von Zar Alexander II. vorgeschlagenen Kandidaten 
Prinz Alexander von Battenberg, Sohn des Prinzen Alexander von 
Hessen und Neffen des Zaren, zu ihrem Fürsten. Er war preußischer 
Offizier, hatte den russisch-türkischen Krieg von 1877/78 im russischen 
Hauptquartier mitgemacht und war dann zu den Gardes du Corps 
versetzt worden. Hier war er Sekondeleutnant, als ihn die Nach- 
richt von seiner Erwählung traf. Mein Großvater beförderte ihn 
noch schnell, und als Stabsoffizier machte er die Frühjahrsparade 
in Botsdam mit, bevor er in sein neues Land fuhr. Mit seinen 
22 Jahren war er ein ungemein schöner und spmpathischer Mann 
von großer, stattlicher Figur. 
Das anfänglich gute Verhältnis zwischen dem Zaren und dem 
jungen Fürsten erhielt einen unheilbaren Bruch, als in Bulgarien 
und Ostrumelien die Bestrebungen auf Dereinigung beider Gebiete 
immer stärker wurden. Da Fürst Alexander sich ihnen unmöglich 
entgegenstellen konnte, faßten die Russen den Plan, ihn abzusetzen 
und das Land unmittelbar unter ihre Herrschaft zu bringen, der 
Berliner Kongreß hatte es ihnen nur als Einflußzone zugewiesen. 
Angesichts dieser zutage tretenden Tendenzen entledigte sich Gürst 
Alexander im September 1883 der russischen Generale und Minister 
— in erster Kinie Kaulbars' —, mit denen er bisher regiert 
hatte. Die bulgarisch-ostrumelischen Bestrebungen hatten schließlich 
den Erfolg, daß am 18. September 1885, freilich ohne Zutun des 
Fürsten, die Vereinigung Rumeliens mit Bulgarien proklamiert 
wurde. Rußland glaubte das unter beinen Umständen billigen zu 
bönnen, und so verstärkte sich die starke Spannung zwischen dem 
Zarenreiche und dem fungen Staate, den es nur als seinen Vasall 
betrachtete, noch mehr. Darüber hinaus drohten europäische Ver- 
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