Fahrt vom Bahnhof ging durch undurchdringlichen Staub nach der
5 bis 0 km entfernten Zitadelle, wo reges milstärisches Leben herrschte.
Die Zarin begrüßte mich, ebenso wie schon der Zar, im Gedenken
an meine Petersburger Sendung zwei Jahre zuvor mit größter
Liebenswürdigkeit. Während meiner Anwesenheit wurden mir der
Generaladjutant Fürst Tschakowskoi und der Flügeladjutant Fürst
Bielosselskp attachiert.
Nach dem ODiner ging eine große Armierungsnachtübung vor sich,
zu der für die Kaiserliche Familie eine Tribüne mit Zeltüberdachung
auf dem Hauptwall aufgebaut war. Nachdem der Befehl zum Be-
ginn der Armierung ausgegeben und an alle Außenforts weiter-
geleitet war, begann in den unter uns liegenden Batterien bek elek-
trischer Beleuchtung ein, emsiges Arbeiten, Bettungsstrecken und Ein-
bringen der schweren Geschütze (15 und 21 cm). Es fiel dabei kein
Kommando, und keine Instruktion war zu hören. Einem Anmeisen-
haufen gleich arbeiteten Artilleristen, Bioniere und Festungsinfan=
teristen an ihrer Aufgabe, so daß bereits innerhalb einer halben
Stunde die schweren Geschütze geladen und feuerbereit in Stellung
standen. Gleich darauf stieg zischend eine Rakete zum nächtlichen
Himmel empor als Signal zum Salut der Festung für den Zaren.
Im selben Augenblick krachte aus den unter uns liegenden Batterien
eine Salve, die von den übrigen Batterien der Zitadelle ausgenommen
wurde. Der Luftdruck war so stark, daß wir ihn als erhebliche Er-
schütterung bemerkten. Nach Schluß des Saluts brachen alle an
der Ubung beteiligten Truppenteile in donnernde Hurrarufe auf den
Zaren aus.
Im Haufe des nächsten Vormittags wurden mir die gewaltigen
Proviant= und Munitionsmagazine, ferner auch die militärische Brief-
taubenstation der Festung gezeigt. In den ersteren wurde das ge-
wöhnliche Kommißbrot als Zwieback gebacken aufbewahrt, damit
es auf diese Weise länger lagern könne. Nachmittags fand ein
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