Full text: Kaiser Wilhelm II. Aus meinem Leben 1859-1888.

Fahrt vom Bahnhof ging durch undurchdringlichen Staub nach der 
5 bis 0 km entfernten Zitadelle, wo reges milstärisches Leben herrschte. 
Die Zarin begrüßte mich, ebenso wie schon der Zar, im Gedenken 
an meine Petersburger Sendung zwei Jahre zuvor mit größter 
Liebenswürdigkeit. Während meiner Anwesenheit wurden mir der 
Generaladjutant Fürst Tschakowskoi und der Flügeladjutant Fürst 
Bielosselskp attachiert. 
Nach dem ODiner ging eine große Armierungsnachtübung vor sich, 
zu der für die Kaiserliche Familie eine Tribüne mit Zeltüberdachung 
auf dem Hauptwall aufgebaut war. Nachdem der Befehl zum Be- 
ginn der Armierung ausgegeben und an alle Außenforts weiter- 
geleitet war, begann in den unter uns liegenden Batterien bek elek- 
trischer Beleuchtung ein, emsiges Arbeiten, Bettungsstrecken und Ein- 
bringen der schweren Geschütze (15 und 21 cm). Es fiel dabei kein 
Kommando, und keine Instruktion war zu hören. Einem Anmeisen- 
haufen gleich arbeiteten Artilleristen, Bioniere und Festungsinfan= 
teristen an ihrer Aufgabe, so daß bereits innerhalb einer halben 
Stunde die schweren Geschütze geladen und feuerbereit in Stellung 
standen. Gleich darauf stieg zischend eine Rakete zum nächtlichen 
Himmel empor als Signal zum Salut der Festung für den Zaren. 
Im selben Augenblick krachte aus den unter uns liegenden Batterien 
eine Salve, die von den übrigen Batterien der Zitadelle ausgenommen 
wurde. Der Luftdruck war so stark, daß wir ihn als erhebliche Er- 
schütterung bemerkten. Nach Schluß des Saluts brachen alle an 
der Ubung beteiligten Truppenteile in donnernde Hurrarufe auf den 
Zaren aus. 
Im Haufe des nächsten Vormittags wurden mir die gewaltigen 
Proviant= und Munitionsmagazine, ferner auch die militärische Brief- 
taubenstation der Festung gezeigt. In den ersteren wurde das ge- 
wöhnliche Kommißbrot als Zwieback gebacken aufbewahrt, damit 
es auf diese Weise länger lagern könne. Nachmittags fand ein 
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