schiedeten *). Fürst Tschakowskoi und Fürst Bielosselsky gaben mir bis
Warschau das Geleite. Ich fuhr von Rußland aus sogleich nach
Straßburg und meldete mich am Abend des 14. September im
Statthalterpalais bei meinem Großvater, der gerade einen Huldi—
gungszug elsässischer Bauern und Bäuerinnen entgegennahm. Als
ich ihm unter vier Augen meine Meldung gemacht hatte, meinte der
Kaiser, nachdenklich vor sich hinschauend, daß sich doch in Rußland
vieles geändert zu haben scheine. Auch mein Bater empfing mich
zu meiner frohen Uberraschung freundlich und ließ sich einige Tage
später ausführlich über den Brester Besuch berichten. Als ich ge-
endet hatte, umarmte er mich, und alles war wieder guk.
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Trotz aller Bemühungen Bismarcks wurde das Berhältnis Ruß-
lands zu Deutschland zusehends schlechter. Es hatte nichts genutzkt,
daß Deutschland sich in der bulgarischen Krise mit allen Kräften
zurückgehalten, Osterreich-Ungarn sehr enttäuscht, fa sogar dem Zaren
auf dem Balkan und an den Meerengen freie Hand angeboten hatte.
Die Saat des Berliner Kongresses ging auf, die russische Miß-
stimmung wandte sich je länger je mehr gegen den „ehrlichen Makler“.
Berekts wenige WMonate nach meinem Besuch in Brest-Litows#sé,
der unzweideutig eine Entspannung der deutsch-russischen Beziehungen
gebracht hatte, kamen neue Beschwerden Rußlands, es würde in
seiner Balkanpolitik nicht genügend von Deutschland unterstützt, das
lediglich auf Osterreich-Ungarn Rücksicht nähme. Immer mehr machte
man sich in Rußland mit dem Gedanken eines Krieges gegen OÖster-
reich-Ungarn und Deutschland vertraut. 1887 war geradezu ein
Höhepunkt der panflawistischen Hetze. Der französische Revanche-
apostel Dérouläède wurde in Petersburg mit ungeheurem Beifall ge-
fekert und in Nischni-Nowgorod auffallend warm empfangen. Rus-
sische Generäle und Großfürsten hielten andererseits in Frankreich
*) Vgl. auch Anhang Nr. 17.
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