dargelegten zweifelhaften Ausgang durch eine schriftliche Erklärung
ab. Unser lieber Oberstabsarzt Schrader, der schon 1869 als Leibarzt
mit in Cannes gewesen war, brach, überwältigt von soviel Tragik
und Seelengröße, in krampfhaftes Schluchzen aus. Als wir Kinder
dann nach dem Fortgang der Arzte, im Tiefsten erschüttert, zum
Vater kamen und, unserer nicht mehr mächtig, in Tränen zerflossen,
da war er es, der uns mit der stillen Heiterkeit seiner Seele zu trösten
und aufzurichten suchte.) In sein Tagebuch aber trug er am Abend
dieses schicksalsschweren Tages ein; Somit werde ich wohl mein
Haus bestellen müssen.
Meine arme Mutter zeigte sich bewunderungswürdig gefaßt. Nur
auf einem Spaziergang mit ihr auf der staubigen Rivierastraße, von
Neugierigen verfolgt und umspäht, erlebte ich es, daß auf einen
Augenblick ihre mit aller Energie aufrecht erhaltene Fassung zusammen-
brach. Fest an meinen Arm geklammerk, gewann sie erst nach ge-
raumer Zeit ihre Selbstbeherrschung wieder.
Rührend war auch die Sorgfalt, mit der die Kammerdiener
Schulze und Bieke ihren kranken Herrn pflegten. Beide traten nach
seinem Tode in meinen Dienst, und ich verlor diese treuen Männer
erst im Laufe meines Aufenthalts in Holland durch den Tod. Ihr
Andenken bleibt unvergessen.
Als ich auf der Heimreise in Basel eintraf, trat plötzlich Roggen-
bach, der in großer Sorge um meinen Bater war, in mein Eisenbahn-
abteil. Bon Anfang an hatte gerade Noggenbach einen sehr klaren
Blick für den Zustand meines Baters gezeigt und sich von dem eng-
lischen Scharlatan nichts vormachen lassen. So nutzte es mir denn
auch nichts, als ich jetzt seine Frage nach dem Krankheitsbilde
meines Baters mit der in San Remo vereinbarten VFormel zurück-
haltend beantwortete; unter Tränen sagte er, er wisse doch, woran
5) Vgl. Anhang Ar. 18.
22 Aus meinem Leben 337