nach San Remo gesandt. Der in ihm enthaltene Vorschlag wurde
denn auch mit Hilfe meiner Mutter, die sich nachdrücklich für diese
Lösung einsetzte, von meinem Bater angenommen.
Ich wurde mit dem Stabe des Gardekorps und der 1. Garde-
division im Exerzierhaus in der Karlstraße zusammen mit dem
2. Garderegiment zu Fuß vereidigt. Ich kam neben General
v. Schlichting, meinem Divisionskommandeur, zu stehen. Vor uns
hielten die umflorten Fahnen des Regiments, die diesem in so manchem
stegreichen Kampfe unter meinem Großvater vorangeweht waren. Es
war ein kief ergreifender Augenblick, als wir mit erhobenen Schwur-
händen die Formel des geheiligten Gahneneides sprachen, worauf drei
Hurras auf Kaiser Friedrich III. ausgebracht wurden. Die Bewegung
war so allgemein, daß vielen der Offiziere und Mannschaften das
Wasser in den Augen stand. Auch ich konnte vor innerer Bewegung
meine Tränen nicht zurückhalten.
II.
Es wurden nun die Vorbereitungen für die Ubersiedelung meines
Baters von San Remo nach dem Schloß Charlottenburg getroffen,
das, staubfrei, ruhig und von einem Bark umgeben, besser für den
Aufenthalt des kranken Kaisers geeignet erschien als sein Palais
oder das Schloß inmitten Berlins. Alles wurde so warm und wohn-
lich eingerichtet wie nur möglich. Das Wiedersehen mit meinem
Bater am Abend des 11. März auf dem Bahnhof Charlottenburg
war tief erschütternd. Er umarmte mich mit einem unbeschreiblichen
Ausdruck in seinen Augen, den ich nie vergessen werde. Sein Zu-
stand war so schlecht, daß er nicht einmal an der Beisetzung seines
Baters teilnehmen konnte. Weinend stand er an einem der nach der
Gartenseite hinausgehenden Fenster des Charlottenburger Schlosses,
als der Trauerzug am Wachmittag des froststarrenden 10. März den
alten Kaiser auf seiner letzten Fahrt zum Mausoleum geleitete.
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