Full text: Kaiser Wilhelm II. Aus meinem Leben 1859-1888.

sedenfalls nicht soviel, als daß Du Dich in Deinen freundschaftlichen Be- 
zlehungen zum russtschen Kaiser und seinem Haus durch den Bulgaren stören 
ließest. Es schien diese Außerung dem Kaiser eine große, sichtliche Beruhi- 
gung zu gewähren, da er ordentlich aufatmete. Er erwähnte mit einem Tone 
elnes schwer getäuschten und enttäuschten Freundes, daß er sich im Fürsten 
von Bulgartken ganz verrechnet habe, derselbe habe eine Zeitlang sich sehr 
nett und vernünftig gestellt, dann habe er aber andere Saften aufgezogen, 
und habe sich schließlich so gegen ihn benommen, daß alles eben aufhörte. 
Er habe sehr viel Ungelegenheiten über die russische Regierung gebracht und 
sehr viel von ihrem Geld ausgegeben. Dabeil sei er sehr undankbar gegen 
ihn gewesen und habe sich auf verschiedenen Unwahrheiten ertappen lassen. 
Er sei zu der Uberzeugung gelangt, daß er nicht gut tue und schloß mit den 
Worten: 6e Crois qu’il ne restera plus tres longtemps la bas.“ Worauf 
ich mir erlaubte zu erwidern, daß das vielleicht kein so furchtbares Unheil 
wäre. Se. Majestät dankte herzlichst, daß ich so offen mit ihm geredet, bat 
mich, Dir speziell zu danken, daß Du so gnädig daran gedacht habest, ihn 
orientieren zu lassen, was er als neues Zeichen für Deine freundschaftlichen 
Gesinnungen ansehe und hm doppelt wert sei, und befahl mir von jetzt ab 
auf Du mit ihm zu stehn. 
Wilhelm Prinz von Preußen. 
Nr. 0. 
(Zu Seite 209.) 
Brinz Wilhelm an Kaiser Wilhelm I. 
Sekret. Winterpalais 21. V. 1884. 
Bericht 
über die Besichtigung von Kronstadt. 
Gestern Morgen um 9 Uhr fuhren wir auf einer reizenden, in England 
gebauten Bacht „Strelna“" unter Führung des Großadmirals Großfürsten 
Alexei nach Kronstadt. Das Wetter war überaus günstig, windstill, und die 
Sonne schien warm. Kurz vor Kronstade kam uns der Kommandangt des 
Platzes und aller Schiffe Admiral Schwartz entgegen. Wir liefen erst außer- 
halb der noch zum Teil aus Holz — das ganz verfault ist — bestehenden Schutz- 
mauer entlang. Am Eingang in den eigentlichen Hafen angelangt, stiegen 
wir in eine allerliebste, sehr gut gehaltene Dampfbarkasse mit verdeckter Kajüte, 
welche gleichfalls dem Großadmiral gehörte. Wir führen längs der Innen- 
seite der hier schon aus Steinquadern bestehenden Hafenmauer, bei dem 
Panzerschiff „Großadmiral", Turmschiff „Beter der Große" vorbek zum 
„Wladimir Monomach“. Ein Kreuzer, für die hohe See be- 
Banzerscht 
stimmt, trägt sie ihre Batterie wie eine Glattdeckskorvette auf dem Oberdeck, 
und zwar waren die Geschüge wie folgt verteilt: 
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