kleinen Hauskapelle in Berlin die Predigten von Stechow oder Persius.
Wir begingen Neusahr und die kirchlichen Festtage mit den Groß-
eltern zusammen, bei denen auch wiederholt Ostereier gesucht wurden.
Dieser liebe Brauch wurde sonst im Schloßgarten von Charlottenburg
oder von Schönhausen geübt. Mir ist vom Weihnachtsfeste noch be-
sonders in Erinnerung, wie mein Vater in den erwartungsfrohen
Wochen vorher mit uns den altberühmten Weihnachtsmarkt zu be—
suchen pflegte, Pyramiden und Schäfchen kaufte und in seiner freund-
lichen und gütigen Weise sich mit den Verkäufern in den Buden
unterhielt. An diese Stunden knüpfen sich für mich Erinnerungen,
die mit zu den schönsten meines Lebens gehören.
* * *
Mein zehnter Geburtstag wurde insofern von großer Bedeutung
für mein Leben, als ich an diesem Tage, der Stitte unseres Hauses
entsprechend, in die ruhmvolle preußische Armee aufgenommen wurde.
Dieses Erelgnis spielte sich so ab, daß mir mein Großvater am
2/. Januar 1869 gleichzeitig mit dem Hohen Orden vom Schwarzen
Adler die Uniform des Ersten Garderegiments zu Fuß verlieh. Die
Zeremonie ging im engsten Familienkreise vor sich. Den Orden reichte
mein Bater dem Kaiser auf goldener Schüssel, ich mußte sofort die
Uniform anzlehen, um Seiner Mafsestät meine Meldung zu machen.
Mit tiefer Bewegung sagte der Kaiser zu mirn ich sei setzt noch zu
jung, um voll die Bedeutung der Tatsache zu ermessen, daß ich nun
preußischer Offizier sei. Aber die Zeit des Berständnisses werde
kommen und dann solle ich meine Schuldigkeit tun, wie mein Bater
sie getan habe. Die Feierlichkeit des Augenblscks durchdrang mich
tief) ich hatte gleichsam meinen Ritterschlag erhalten.
Auf dem Kasernenhofe des Ersten Garderegiments in Potsdam
machte ich dann in der Folge bei der Leibkompagnie meine ersten
Ubungen im Marschieren. Ich hatte dabel natürlich immer große
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