Mit dem Einzug des 3. Hessischen Infanterieregiments Nr. 83
und des 14. Husarenreglments in Kassel, den ich zu Pferde mit-
machte, schlossen für mich die unvergeßlichen Erlebnisse des großen
Jahres 1870//1 ab.
VI.
&Im Spätsommer desselben Jahres (1871) kam ich mit der
Gamilie zusammen nach Wilhelmshöhe und somit zum ersten Male
nach Kassel). Hier begann ich meine griechischen Studten, ich
machte auch hier mit meinem Vater den Einzug des Hessischen Korps
in Kassel mit, bei welchem mich der Jubel der Bevölkerung mit be-
sonderer Freude erfüllte. Von Wilhelmshöhe reisten wir nach Wies-
baden, wo wir uns noch einen Monat aufhielten. Hier setzte ich
mein Studium der griechischen Sprache fort und, obwohl es damals
nur griechische Grammatik (Franke) war, die ich trieb, so gefiel mir
damals schon die griechische Sprache viel besser als die lateinische.
Ich kam auch so weit, daß ich schon in einem Ubungsbuche (Jacobs)
übersetzen konnte.
Von Wiesbaden zurückgekehrt, begann ich den Ovid zu lesen —
bis dahin hatte ich alle sieben Bücher von Cäsars Bellum Gallicum
gelesen —, allein ich fand ihn etwas sehr bindlich und naiv in seinen
Vorstellungen und Gleichnissen, besonders bei Bhaethons Luftfahrt.
Ich hatte den Cäsar viel lieber, well seine Beschreibungen (Rhein-
brücke, Waffen der Germanen, Uberfahrt nach Britannien und Be-
lagerung von Alesta) und Schilderungen von Schlachten und Ge-
fechten für mich viel packender und interessanter waren, als der ganze
Ovid zusammengenommen, nur eins war mir unangenehm: daß die
Römer fast immer den Sieg behielten, die Barbaren in die Flucht
sagten, ste in Massen töteten, selbst aber kaum einige Verwundete
hatten. Deshalb freute ich mich, wenn ich las, daß irgendwo die
*) Dies und das Folgende nach meinem „Lebenslauf“.
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