22 WILHELMM DER SIEGREICHE
Prinz Wilhelm hatte all diesen Vorgängen gegen-
über eine ruhige, entschlossene Haltung bewahrt. Er
wußte sich frei von jeder Schuld und beschloß, treu
auf dem Posten’ auszuharren, auf den sein König
s ihn gestellt hatte. Er war vor kurzem zum
Gouverneur von Rheinland und Westfalen ernannt
worden und that seinen Dienst mit gewohnter
Pflichttreue.
Um so furchtbarer mußte er den Schlag empfinden,
ro der ihn in Gestalt eines Handschreibens seines könig-
lichen Bruders traf. Friedrich Wilhelm IV. schrieb:
„Mein vielgeliebter Bruder! Mit schwerem
Herzen sehe ich mich in Anbetracht der Gefahren,
welche unserm königlichen Hause angesichts der
ss ungünstigen Auffassung unsrer militärischen Ver-
hältnisse seitens einer überwiegenden, uns feindlich
gesinnten Partei drohen, veranlaßt, Eurer Hoheit den
Befehl zu erteilen, Preußen sofort zu verlassen“ und
England zum vorläufigen Aufenthalt zu wählen.“
20 „Der König hat befohlen. Ich bin Soldat’ und
muß gehorchen!“ Mit diesem Gedanken traf der
Prinz sofort seine Vorbereitungen zur Abreise.
Mit welchen Gefühlen, vermag nur der’ zu ermessen,
der gleich ihm sein Vaterland geliebt, diese Liebe
2 durch treues Sorgen und Mühen bethätigt hat und
sich zum Dank für alles dies in die Verbannung
geschickt sieht.
In aller Stille begab der Prinz sich nach der
Pfaueninsel' bei Potsdam. Es war wohl das
3% Bedürfnis, Abschied zu nehmen von'’ den trauten
Bildern einer glücklichen Kinderzeit. In wehmütiger