28 Die Kolonien. V. Buch.
Kolonien, deren Kulturen erhöhte Aufmerksamkeit von seiten der Behörden zuge-
wandt wurde, mit dem günstigen Stand der Anpflanzungen der Weißen, mit dem
schnelleren Zuwachs der weißen Bevölkerung stieg die Einfuhr in die Kolonien be-
deutend. Während der Gesamthandel in dem Sjährigen Abschnitt von 1900/05 nur
um 41 Mill. N. — von 38 auf 99 — zugenommen hatte, stieg er in dem nächsten
Quinquennium von 98 auf 229, also um 131 Mill. M., und erreichte 1911 sogar die
Höhe von 240 Millionen. Da er nach 20jähriger Kolonialpolitik im Jahre 1904 nur
71 Millionen betrug, hat er sich also seitdem in dem vierten Teil der Zeit erheblich mehr
als verdreifacht. Bemerkenswert ist, daß der Wert der Einfuhr in die Siedelungskolonie
Südwestafrika mit ihren 15.000 Weißen und 86 000 wenig konsumkräftigen Eingeborenen
in Höhe von 45 Mill. M. dem Ostafrikas mit 7½/ Millionen Eingeborenen und 5000
Weißen fast genau entspricht. Ganz besonders erfreulich ist der Anteil der Ausfuhr amn
dem Handel, die in den Jahren 1905/10 von 27 auf 101 Millionen stieg, sich also nahezu
vervierfachte, während sie in dem vorhergehenden fünfjährigen Abschnitte nur um 11 Mil-
lionen — von 17 auf 28 Mill. M. — zugenommen hatte. Wenn sich auch aus der Stati-
stik der auf die Eigenerzeugung in den Betrieben der Weißen entfallende Teil der Aus-
fuhr nicht ganz genau feststellen läßt, so ist doch zweifelsfrei aus ihr zu entnehmen, daß
die in den letzteren gewonnenen Produkte nach Wert und Menge einen überraschend
großen Prozentsatz im Verhältnis zu dem Anteil der Eingeborenen ausmachen. Beson---
ders auffallend ist dies in Ostafrika, wo der Wert der Ausfuhr der Weißenbetriebe —
Sisal- und Pflanzungskautschuk figurieren allein mit je 4½ und 35⅛ Mill. M.-— dem
der von den Eingeborenen gewonnenen Ausfuhrprodukten mindestens gleichkommt.
Dabei muß man sich vergegenwärtigen, daß letztere zum großen Teil nicht auf Eigen-
erzeugung, sondern auf Sammeltätigkeit der Eingeborenen zurückzuführen sind, und daß
eine große Anzahl von Pflanzungen noch nicht in das ertragsfähige Alter eingetreten ist.
Andererseits ist in Betracht zu ziehen, daß die europäische Produktion sich im wesent-
lichen nur auf die durch Bahnen erschlossenen Gebiete beschränkt. Immerhin wird man
auf Grund der angeführten Zahlen gut tun, Produktion und Konsum unserer zurzeit
rund 24000 Seelen betragenden weißen Bevölkerung der Schutzgebiete nicht zu unter--,
die der 12 Millionen Eingeborenen nicht zu überschätzen.
Nicht minder deutlich spiegelte sich der allgemeine Aufschwung
in den Finanzen der Schutzgebiete wider. Vor allem wuchsen
die Einnahmen aus den Eingangszöllen beträchtlich, so daß der Etat von Togo und bald
auch der von Samoga ohne Zuschuß von seiten des Reichs balancierte, Ostafrika und dem-
nächst auch Kamerun einen Reichszuschuß nur noch für die durch den militärischen Schutz
erforderlichen Aufwendungen benötigten; nur Südwestafrika würde desselben ohne die
Diamantfunde noch jahrelang bedurft haben. Durch diese wurde jedoch ein solcher Wandel
in den eigenen Einnahmen des Schutzgebietes herbeigeführt, daß dieselben von noch nicht
7 im Jahre 1908 auf 17 Millionen im Jahre 1909 emporschnellten, so daß fortan nicht
nur kein Zuschuß zu dem Ziodiletat erforderlich war, sondern jährlich noch 4—5 Mill. M.
zu den Eisenbahnbauten direkt aus den bereiten Mitteln des Schutzgebietes beigesteuert
Finanzlage.
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