Full text: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. Zweiter Band. (2)

  
VI. Buch. Der auswärtige Handel. · 259 
  
Oer Schutzzoll auf Bieh hat die mit ihm beabsichtigte Wirkung erzielt: die deutsche 
Biehzucht hat eine erfreuliche Aufwärtsentwicklung genommen, die Abhängigkeit vom 
Ausland ist direkt geringer geworden. Indirekt ist sie jedoch durch den enorm vermehrten 
Bezug von Futtermitteln ungewöhnlich gestiegen. 
Es fragt sich nun freilich, welche Preissteigerung hiermit verbunden ge- 
wesen ist. IZn Berlin kostete pro Doppelzentner 
1902 1906 1904 1005 1906 1907 1908 1800 1910 1911 1912 
Lundvieh, Schlachtgew. 121,4 129,0 131,5 137,5 147,7 146,6 139,0 131,6 145,0 133,7 166,2 
Schweine, Schlachtgew. 122,8 103,7 102,0 132,0 1370 110 120,1 138,0 131,90 114,2 147,4 
Kälber, Schlachtgem. 134,8 144,1 1443 153,9 168,5 168,2 162,5 163,3 187/9 183,3 198.5 
Zammel, Schlachtgew. 120,8 132/ 127,2 139,1 151,7 149,5 140,7 141,5 143,2 151,0 166,1 
Oiese Tabelle ist lehrreich genug; sie zeigt nämlich, daß die Fleischpreise wesentlich 
schneller gestiegen sind als die Getreidepreise. Der Schutz der deutschen Biehzucht hat 
der Gesamtbevölkerung erhebliche Opfer auferlegt, wobei freilich zu beachten ist, daß 
die Preise auch in andern Ländern gestiegen sind. Im übrigen darf freilich die Hoffnung 
bestehen, daß es der Landwirtschaft gelingen wird, ihren Schlachtvieh-Bestand zu stei- 
gern. Hierfür wird aber der Preis von Futtermitteln von Bedeutung sein, weshalb, 
wie schon bemerkt, die Forderung erhoben wird, daß bei der nächsten Revision des Zolltarifs 
die Futtermittelzölle aufgehoben oder doch erheblich reduziert werden. In Betracht 
kommen hier u. a.: Haferzoll (5 M.), Gerstezoll (1,530 M.), Mais (4 M.), Futterbohnen 
(2,50 M.). Die Zölle auf Brotgetreide wurden durch solche Maßnahmen zur Förderung 
der Biehzucht nicht berührt. 
Eine durch Vieh- und Fleischzölle einer- 
Viehzucht und bäuerliche Bevölkerung. 
bauch 4 seitsunddurchfreieckinfuhrvon Futter- 
mitteln anderseits begünstigte VBiehzucht hat für das Problem, von dem wir aus- 
gingen, große Bedeutung, denn die eigentliche Biehzucht (mit Lusnahme von Pferden) 
ist, wie schon bemerkt, in erster Linie Domäne des bäuerlichen Betriebes: 
  
Größenklasse des landwirtschaftlichen Betriebes Viehhaltung 1907 
Kühe Schweine 
ha Tausende 
—2;; 1023 4383 
255555 2030 3107 
5———2200 ;; 3989 6334 
20100. ............... 2285 3655 
über 1000000.„„„ 1008 1386 
AAus diesen Zahlen, die sich auf das deutsche KReich beziehen, geht deutlich hervor, 
daß der Schwerpunkt der Aufzucht von Kühen und Schweinen in den Betrieben bis 
zu 20 ha liegt, während der gesamte Großgrundbesitz (über 100 ha) eine irgendwie be- 
deutsame Rolle überhaupt nicht spielt. Auszunehmen sind die Pferde, an deren Auf- 
zucht der Großbetrieb stark beteiligt ist. Uber die Biehhaltung in Bayern haben wir 
nähere Angaben, die folgendes Bild zeigen: 
1) Veränderte Anschreibung, in Wirklichkeit höher. 
45* 707
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.