Full text: Zeitschrift für die gesammte Staatswissenschaft. Neunter Band. Jahrgang 1853. (9)

110 Ueber die Verpflichtung restaurirter Regierungen 
den Fiscus entscheiden könnten, war natürlich gar kein Grund 
zur Verschliessung des Rechtsweges. 
Der Artikel 29 der Wiener Schlussacte setzt, wie schon 
vorher erwähnt wurde, fest, dass die Beschwerden wegen ver- 
weigerter oder gehemmiter Rechtspflege nach der Verfassung und 
den bestehenden Gesetzen des betreffenden Landes von der 
Bundesversammlung beurtheilt werden sollten. Insofern nun bei 
den Ansprüchen, die an sich blos gegen den einen oder andern 
der betheiligten Staaten gerichtet waren, der gerichtlichen Ver- 
folgung derselben landesherrliche Verordnungen entgegenstanden, 
fand die Bundesversammlung in der Meinung, dass ihr über die 
Ausübung des landesherrlichen Gesetzgebungsrechts keinerlei 
Cognition zustehe, darin den genügenden Grund, um sich für 
incompetent zur Bewirkung der gerichtlichen Hülfe zu erklären. 
Es war dies aber eine Auffassung des Berufs der Bundes- 
versammlung und eine Anwendung des fraglichen Artikels der 
Schlussacte, die den dadurch beabsichtigten Schutz gegen Miss- 
brauch der landesherrlichen Gewalt und die Garantie der Selbst- 
ständigkeit und Unabhängigkeit der Rechtspflege, wie sich 
besonders in den Vorgängen in Kurhessen und in Betreff der 
mehrerwähnten Verordnungen von 1814 und 1818 zeigte, rein 
ilusorisch machte. Wollte das die Bundesversammlung nicht, so 
hätte sie wenigstens daran festhalten müssen, dass im Gegensatz 
zu den „bestehenden Gesetzen“ das für den hesonderen 
Fall erlassene Specialgesetz, (sei es auch, dass es sich in 
eine allgemeine Form einhüllte) und das auf unzulässige Weise 
mit rückwirkender Kraft versehene allgemeine Gesetz 
die Beschwerde wegen Justizhemmung zu einer unbegründeten 
nicht machen könne; dass mithin unter bestehenden Geselzen 
oder allgemeinen Rechten nur diejenigen zu verstehen seien, 
welche, ohne Rücksicht auf den fraglichen Fall ader das zu ver- 
folgende Recht, bei der Begründung des gerichtlich zu verfol- 
genden Anspruchs existirten. Denn nur so konnte die: in die 
Form von Gesetzen sich hüllende Cabinetsjustiz wirklich vereitelt 
werden '). Die deutsche Bundesversammlung hat leider in dieser 
1) Vgl. H. A, Zachariä, Deutsches Staats- und Bundesrecht. Bd. III. 
Seite 343 f.
	        
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