vor Aristoteles und Platon. 155
wesentliche Bedingung seiner Entwicklung oder eine nothwen-
dige Aufgabe gehalten haben. Von diesen nun sagt Aristo-
teles ganz im Allgemeinen, dass sie, wenn sie auch sonst viel
Wahres und Schönes gesagt haben mögen, dennoch das prak-
tisch Brauchbare verfehlen !). „Unsere Politiker* ®) fährt er
fort, „beschränken sich entweder auf die Darstellung (derjenigen
Verfassung) welche die vollkommenste ist und vieler äusseren
Begünstigung bedarf, oder wenn sie mehr eine allgemeine auf-
stellen, so lobpreisen sie, mit Beseitigung der (in ihrem eignen
Staate) bestehenden Verfassung die lakonische oder sonst eine.*
Wir haben in diesen Satz die Worte „in ihrem eigenen
Staat* hineingeschoben; sie stehen eigenllich nicht bei Aristo-
teles, er sagt bloss „rag VTagXovoag wvapoüvreg molıreiag“ ;
es ist aber auf den ersten Blick klar, dass dies der Sinn dieses
Seitenhiebes auf die Publicisten ist; vielleicht gerade dass er hier
wieder einmal es auf Plato abgesehen hat. Jedenfalls ist gerade
diese Sitte in der Publicisiik eine nur zu gewöhnliche, dass
diejenigen, welche nach einem Besseren als das Bestehende ist,
suchen, nicht so sehr an die Besserung des Bestehenden, als an
die Einführung von etwas ganz Neuem zu denken pflegen. Für
die weniger Ernsten ist es ohnehin viel leichter, sich in Fremdes
hineinzuseizen, als die Quellen der Besserung in dem Eigenen
zu suchen; auch finden sie weniger Widerspruch, da wenigere
das Fremde so gut kennen als das Eigene. Jedenfalls sehen
wir, dass trotz des Mangels an Journalen und Broschüren den-
noch diese Sitte zur Zeit des Aristoteles eben so gut im Gange
war, als zu unserer Zeit. Und so dürfte sie wohl denn auch
künflig gelegentlich, zur geringen Freude der wirklich die Besse-
rung Wollenden, wieder zum Vorschein kommen.
Welches nun diese bestimmten Theoricen und Schriftsteller
gewesen sind, darüber finden wir in Beziehung auf die Verfas-
sungen folgendes.
Man muss nämlich offenbar zunächst scheiden zwischen den-
jenigen Stellen der Politik, in denen ganz im Allgemeinen, ohne
1) Pal. IV. 1. 3. oi nAsioroı_rwv anopawourvwv neo nolıreiu;.
2) So übersetzt Stahr, wie mir scheint sehr glücklich die Worte des
Aristoteles „riv d’ oil u&v Tnv axyorarm® u, 8. W.