Full text: Zeitschrift für die gesammte Staatswissenschaft. Neunter Band. Jahrgang 1853. (9)

208 Studien über 
kender Rückschlag gegen die übermässige Ausdehnung des land- 
wirthschaftlichen Kredits, welche durch das in dieser Beziehung 
sehr verderbliche Pfandgesetz !) von 1825 und durch das über- 
triebene Steigen der Preise von landwirthschaftlichen Grundstücken 
in zunehmender Weise bis zum Jahr 1846 stattgefunden hatte.. — 
Endlich aber sind als vorübergehende Ursache der Noth auch 
die Revolutionsjahre anzusehen; nur dass diese auch gar viel 
am siltlichen Grundstock der Gemeinden verdorben haben, was 
wenigstens für lange Zeit nicht gut zu machen ist. 
Aber, muss man fragen, hätten alle diese Ursachen zusam- 
mengenommen einen solchen Nothstand verursachen können, wenn 
die Basis der landwirthschaftlichen Zustände, die Vertheilung des 
Grundbesitzes, eine gesunde gewesen wäre? 
Zeiten, wie die jüngst verflossenen Jahre sind ein wahrer 
Prüfstein für die Tüchligkeit und Gesundheit der ökonomischen 
Zustände eines Landes. Missjahre und Theuerung müssen der 
‚Natur der Sache nach immer wieder kommen. Unruhige Jahre, 
früher Krieg mit seinen Folgen, jetzt innere Bewegungen und 
noch Krieg dazu, werden gleichfalls wiederkehren. Das Alles 
war immer so und wird immer so sein. Man kann nicht jedes 
Jahr eine reiche Erndte, viel und theuern Wein und solche 
politische Zeiten erwarten, welche den reichsten Arbeitsverdienst 
und den ruhigsten Genuss des Erworbenen sichern. Die öko- 
nomischen Zustände müssen deshalb so eingerichtet sein, dass 
das Volk in seiner Gesammtheit solche Unglücksjahre überstehen 
1) Der Fehler des Pfandgesetzes liegt darin, dass es der Ueberschätzung 
der Pfandobjekte keinen Damm entgegenstell, wie schon Weishaar 
in seinem Handbuch des Württ. Privatrechts IL S. 191. (dritte Auflage) 
auseinandergesetzt hat. Diese Ueberschätzung rührt aber keineswegs vor- 
zugsweise vom bösen Willen her, wie Weishaar vermuthet. Das sogenannte 
Strecken, das ist Steigerung der Taxsumme behufs Ermöglichung eines höhe- 
ren Darlehens, kommt sehr selten vor. Vielmehr hat sie in den schon er- 
wähnten zu hohen Güterpreisen selbst ihren Grund, die eine Folge des 
Kleinbesitzes sind. Würde man von Anfang an, statt „die laufenden Kaufpreise* 
als Werthmaassstab zu nehmen, nach dem Vorschlag des ständischen Aus- 
schusses von 1823—24 den Grundsteueranschlag dazu angewendet haben, 
so hätten die Leute freilich nicht so viel Schulden machen können; aber 
der Rückschlag im bäuerlichen Kredit wäre auch nicht so heftig geworden, 
wie er gegenwärtig ist. ‘
	        
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