Full text: Zeitschrift für die gesammte Staatswissenschaft. Neunter Band. Jahrgang 1853. (9)

298 Studien über 
zuweisen vermöchte, wie.irgend eines derjenigen, welche das 
entgegengesetzte System der Untheilbarkeit und zugleich des 
verhältnissmässig grösseren Besitzes !) in nur einigermaassen 
stärkerem Umfang bis jetzt festgehalten haben. 
Ein zweiter, den behaupteten Zusammenhang beweisender 
Umstand liegt in dem Progressionsverhältniss der einzelnen Thier- 
gattungen. Gerade dass die Zunahme der Schweine im Neckar- 
und Schwarzwaldkreis am ‘stärksten ist und dass die andern 
beiden Kreise vorzugsweise im Grossvieh und bei den Schafen 
sich auszeichnen, ist ein Beweis dafür, dass dort der auf Kosten 
des Grossbesitzes verhältnissmässig vermehrte Kleinbesitz die 
Ursache des geringeren Viehzuwachses ist. Denn, wie schon 
oben bemerkt, bei zunehmender Verkleinerung des Besitzstandes 
nimmt häufig das Schwein die Rolle des Rindviehs ein, und 
Schafzucht ist, wo nicht Weiderechte auch dem kleinen Wirth 
die Haltung von Schafen möglich machen, ebenso wie die Pferde- 
zucht und die Pferdehaltung ohnehin nur dem grösseren Grund- 
besitzer eigenthümlich. 
Endlich aber dient auch noch die Beobachtung, dass die 
Grösse und die Zunahme des Viehstandes in umgekehrtiem Ver- 
hältniss zum Wachsthum der Bevölkerung steht, der gegebenen 
Erklärung zur Stütze, insofern nämlich die stärkere Vermehrung 
der Bevölkerung im Neckar- und Schwarzwaldkreis mit 25 und 
28 Prozent, gegenüber von 20 Prozent Zuwachs in den beiden 
andern Kreisen einen unmittelbaren Schluss auf die dort ein- 
getreiene stärkere Verkleinerung des Besitzes erlaubl. Dass 
nämlich diese Zunahme in der Volkszahl vorzugsweise die land- 
wirthschaftliche Bevölkerung trifft, ist für die meisten Distrikte 
1) Untheilbarkeit und grösserer Besitzstand müssen zusammenkommen, 
wenn man richtig vergleichen will. Denn die durch Lehensband oder Sitte 
veranlasste Untheilbarkeit allein ist kein Glück, im Gegentheil eine Erschwe- 
rung des Uebels, wenn sie mit Kleinbesitz zusammengeht. Wir haben viele 
Gemeinden, wo bei weit gehender Verkleinerung des landwirthschaftlichen 
Besitzes derselbe geschlossen ist und diese gehören dann gewöhnlich zu den 
ärmsten und elendesten des Landes. Namentlich in ritterschaftlichen Orten 
ist dies häufig der Fall, wo die Grundherren, um recht viel Bürgeraufnahms- 
gelder und Abgabenpflichtige zu bekommen, früher die Niederlassungen auf 
ungemessene Weise begünstigt haben.
	        
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