Full text: Zeitschrift für die gesammte Staatswissenschaft. Neunter Band. Jahrgang 1853. (9)

26 Betrachtungen 
gerufen durch die bei den oberen Staatsbehörden vor dem Jahre 
1848 herrschende und nun wieder hervortretende Ansicht, die 
Entwickelung der Gemeindeverhältnisse sich selbst überlassen und 
das sogenannte Herkommen erhalten zu müssen. 
Die bestehenden directen Staatssteuern, insbesondere die 
Grund- und Klassensteuer, waren als Maasstab zur Vertheilung 
der Gemeinde-Abgaben unmittelbar nicht wohl geeignet !). Ihre 
wirklichen Mängel gaben der Entstehung unrichliger Vorstel- 
lungen und willkürlicher Verbesserungsvorschläge Raum. Kam 
man zu keiner klaren Ansicht und zu keinem festen Entschluss 
über die bei den Staats steuern notihwendigen Verbesserungen, 
so erklärt es sich, dass die oberen Behörden um so mehr von 
dem Versuche abstanden, die Grundsätze der Lokalbesteuerung 
allgemein zu regeln. Allein ebenso begreiflich ist es, dass die 
früher fast ganz unbekannte Aufgabe, Abgaben zu vertheilen, 
von den Gemeinden selbst, bei dem Mangel an jedem genügenden 
Anhaltspunkte und den geringen geistigen Kräften, die ihnen 
1) Wo man an der Ansicht festgehalten hat, dass für die Vertheilung 
von Kommunalabgaben, wo nicht allein, so doch zum grössten Theile das 
Grundeigenthum zum Maasstab dienen müsse, hat man in den öst- 
lichen Provinzen gleichwohl die Grundsteuer wegen ihrer offenbaren 
Ungleichheit dazu meistens nicht anwenden können, sondern entweder andere 
in früherer Zeit zu besonderen Zwecken veranstaltete Abschätzungen des 
Grundes und Bodens benutzt (den Hufenstand; reduzirten Hufenstand etec.), 
oder neue summarische Schätzungen und Klassifikationen der Grundstücke 
nach deren Umfang und ihrer Beschaffenheit veranstaltet. Allmählig hat 
man die Klassensteuer immer allgemeiner benutzt, weil sie doch eine Regel 
und Ordnung an die Hand giebt; indess hat die klare Erkenntniss, dass 
dieselbe nach ihrem ursprünglichen Fundament hierzu weder bestimmt noch 
geeignet war, zu einer grossen Verschiedenheit der Tarife, nach welchen 
die Zuschläge erhoben werden, geführt. Die obern Klassen werden meistens 
in einem stärkern Verhältniss zu den Gemeindelasten herangezogen, als 
dieses durch gleichförmige Zuschläge zur Staatssteuer geschehen würde. 
Indess sind die Begriffe, in welcher Ausdehnung dies geschehen müsse, um 
zu einem gerechten Maasstabe der Steuervertheilung zu gelangen, ausser- 
ordentlich verschieden. An einigen Orten begnügt man sich damit, die 
unterste Steuerstufe von Gemeindeabgaben ganz zu befreien; an andern hat 
man eine mässige — in Bruchtheilen auszudrückende — Steigerung des 
Prozentsatzes angenommen; in einigen hat man den Beitrag der obern Klasse 
vervierfacht, während die untern Stufen den einfachen Steuersatz zahlen u.s. w.
	        
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