Full text: Zeitschrift für die gesammte Staatswissenschaft. Neunter Band. Jahrgang 1853. (9)

über Armenpflege und Heimathsrecht. 29 
feste Ueberzeugung gewinnen kann. Wer diese Zustände vor- 
herrschend nur aus Berichten kennt, schenkt nur zu gerne den 
milderen Darstellungen den grösseren Glauben. 
Dieser Umstand neben der Wahrnehmung, dass die Erfolge 
der allerdings grösseren Ordnung bei der städtischen Armen- 
pflege keinesweges segensreiche, oder auch nur irgend befrie- 
digende sind, mag wohl die vorzüglichste Ursache enthalten, 
dass man die Nothwendigkeit, die bestehenden Armenpflegen 
gründlichst zu verbessern, noch nicht allgemeiner und ent- 
schiedener anerkannt hat. 
Man sieht nicht deutlich, dass und auf welchem Wege 
wirksam zu helfen sei. In ihrem vollen Umfange sind die That- 
sachen den obersten Staatsbehörden schwerlich aus eigener 
Beobachtung , oder durch die Uebereinstimmung einer grössern 
Zahl von Augenzeugen bekannt. So beruhigt man sich denn 
mit der Annahme, dass die Zustände im Allgemeinen noch nicht 
so traurige seien. Die Thatsachen des äussersten Elendes, welche 
an verschiedenen Orten und zu verschiedenen Zeiten grell genug 
an das Tageslicht getreten sind, hält man für lokale Erschei- 
nungen, und erklärt sie durch vorübergehende Ursachen, statt 
sich die Wahrheit zu vergegenwärtigen, dass nur der reife 
Apfel durch leichte Erschütterungen zur Erde herab geworfen 
wird '). 
1) Obwohl die vorstehende Darstellung der Verhältnisse der bestehenden 
Armenpflege auf eigener Kenntniss derselben durch mehrjährige Theilnahme 
an der städtischen Armenverwaltung zu Breslau, auf persönlicher Rücksprache 
mit ausführenden Beamten in den meisten grössern Städten der Monarchie 
und vielen ländlichen Kreisen, endlich auf der Einsicht amtlicher Berichte 
über die Gemeindeverhältnisse sowohl bei der Regierung in Breslau, als auch 
im Ministerium des Innern beruht, wird es doch nicht unwillkommen sein, 
wenn wir zur Bestätigung derselben in der Anlage I. den Bericht eines 
ebensowohl mit den städtischen, als mit den ländlichen Verhältnissen ver- 
trauten Landraths an die Regierung zu Marienwerder, soweit derselbe sich 
mit der Beschreibung thatsächlicher Zustände beschäftigt, mittheilen. 
In Beziehung auf die zuletzt im Text erwähnte, betrübende Lage eines 
grossen Theiles der ländlichen Arbeiterbevölkerung verweisen wir auf die in 
der Note zur Einleitung darüber beigebrachten Zeugnisse und die in dem 
folgenden, sowie in dem Abschnitte „über das Niederlassungsrecht“ gegebene 
kurze Erläuterung derselben.
	        
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