Full text: Zeitschrift für die gesammte Staatswissenschaft. Neunter Band. Jahrgang 1853. (9)

Studien über würltembergische Agrarverhältnisse. 425 
also der achte Theil des Werthanschlags, zu erlösen war. Aber 
auch das sind noch nicht die allerschlimmsten Gemeinden; denn 
es giebt viele Fälle, wo überhaupt gar kein Käufer zu finden und 
der Gläubiger aus Mangel an Käufern das Gut selbst zu über- 
nehmen durchaus gezwungen ist, 
Trotz dieser zum Zusammenkaufen günstigen Umstände je- 
doch hört man im Ganzen bis jeizt nichts davon, dass Kapitalisten 
die Gelegenheit benützen. Wohl aber geschieht das häufig, dass 
die vermöglicheren Bauern, die noch Kredit haben, weitere Er- 
werbungen machen und ihr Gut zu vergrössern suchen, jedoch, 
was für unsere Verhältnisse charakleristisch ist, meistens nicht 
unmittelbar durch Ankauf von dem bisherigen Besitzer, wenn es 
zum Zwangsverkauf oder Gant kommt, sondern erst aus zweiter 
Hand von dem Gläubiger, dem das Grundstück zugeschlagen 
worden ist; denn jenes zu ihun scheuen sie sich wenigstens in 
den kleineren Gemeinden aus Rücksicht für ihren verarmten Mit- 
bürger oder auch aus Furcht vor ihm. 
Es ist schon oben gesagt worden, dass die. letztere Art des 
-Eintretens der in Rede stehenden Gegenwirkung gegen das über- 
triebene Zwergwirthschaftswesen für unsre Verhältnisse die Regel 
bilden muss. Denn dass der Gläubiger zunächst wünschen wird, 
das ihm zugefallene Grundstück wieder zu verkaufen, und dass 
er diess auch dann ihul, wenn er es selbst nur mit einigem 
Schaden thun kann, ist ganz natürlich. Was wollte oder könnte 
er mit so vereinzelten Stückchen Feld mit oder ohne Gebäude 
weiter anfangen, wenn es ihm nicht gelänge, alsbald das solcher 
Art Uebernommene durch weitere Ankäufe zu vergrössern? Auch 
wird ihm der Verkauf meist gelingen, wenn nicht die Zahl der 
ruinirten Grundeigenthümer so gross, und auch die ökonomische 
Lage der Uebrigen in der Gemeinde so schwach ist, dass sich 
keine Käufer zu irgend annehmbaren Preisen für ihn finden. 
Freilich muss er oft das Grundstück eine Zeitlang behalten und 
es so gut als möglich durch Verpachtung auf kurze Zeit oder 
durch Selbstbewirthschaftung nutzbar zu machen suchen. Am 
Ende gelingt ihm aber der Verkauf doch. 
Wo der Rückschlag in solcher Weise eintritt, bleibt er na- 
türlich auch in engeren Grenzen und die ganze Veränderung 
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