Full text: Zeitschrift für die gesammte Staatswissenschaft. Neunter Band. Jahrgang 1853. (9)

über Armenpflege und Heimathsrecht, 39 
durch die Nachtheile und Gefahren, welche aus dem Elende nicht 
unterstützter, so wie aus der Verwilderung hilfesuchend umher- 
schweifender Armen für die Sicherheit und Ordnung sowie für 
die Sitten der Gesellschaft hervorgehen. Bei der gegenwärtigen 
Verwickelung der Verkehrsverhältnisse können Verhältnisse ein- 
treten, welche eine grosse Anzahl arbeitsfähiger Personen plötzlich 
ihrer gewohnten Beschäfligung berauben, ohne ihnen Gelegenheit 
zu anderweiligem Erwerbe zu bieten. In solchen Fällen reichen 
die Kräfte der Nachbarn meistens nicht hin, um der Noth zu 
steuern, andrerseits liegt in der Zahl der Darbenden für sie die 
Versuchung, in der Anwendung von Gewaltmitteln die Hilfe zu 
suchen, welche die Theilnahme ihrer Mitbürger ihnen gewähren 
sollte. Diese Rücksichten können den Staat veranlassen, ver- 
miltelnd einzuschreiten, damit nicht durch die Engherzigkeit 
Einiger das Wohl Aller gefährdet werde. 
Schon vor Jahrhunderten ist die Nothwendigkeit empfunden, 
einem bis zum Gewerbe ausgedehnten Missbrauch der Bitte um 
milde Gaben zu begegnen, und zu verhindern, dass nicht zu- 
dringlicher Müssiggang und schamlos zur Schau gelragenes oder 
gar erheucheltes Elend eine einträglichere Hilfsquelle werde, als 
stiller Fleiss und harte Anstrengung. Von dieser Ansicht aus 
wurden schon . im 16ten Jahrhundert die Gemeinden ermächtigt, 
arbeitsfähige Arme, welche ihre Mildthätigkeit in Anspruch nahmen, 
zur Arbeit anzuhalten. 
Da Anstalten zu dem Ende nicht ohne einigen Aufwand 
getroffen werden konnten, es ferner unzulässig erschien, das 
Betteln zu untersagen ohne die Nothleidenden auf andere Hilfs- 
quellen verweisen zu können, und diese in der kirchlichen Armen- 
pflege nicht mehr gefunden wurden, gingen die Bettelverhote mit 
der Ermächtigung der (Gemeinde)-Behörden zur Unterstützung 
der Armen Almosen zu sammeln und zuletzt Abgaben zu erheben 
Hand in Hand. Die einseitige, nur auf die Verbesserung der 
politischen und Rechtsverhältnisse gerichtete Bildung und falsche 
Humanität des 48ten Jahrhunderts hat die Auffassung des einfachen 
Verhältnisses, dass der Unterstützte — falls er auf die Gaben 
durch keine Leistungen einen bestimmten Anspruch erworben 
hat — der Vormundschaft. des Gebers anheimfällt, und
	        
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