Full text: Zeitschrift für die gesammte Staatswissenschaft. Neunter Band. Jahrgang 1853. (9)

454 Studien über württembergische Agrarverhältnisse, 
Schliessung der bisher als geschlossen behandelten Besitzungen 
würde nicht nur eine Garantie gegen das Ueberhandnehmen der 
kleinen Taglöhnerwirthschaflen geben, sondern noch weit mehr 
leisten; sie würde auch eine Garantie für Erhaltung eines lüch- 
tigen Bauernstandes überhaupt bilden, der allein die Mittel giebt 
zu einer wirklich selbstständigen Gemeindeverwaltung und zur 
Aufrechthaltung derjenigen Institutionen, auf denen die bürger- 
liche und politische Freiheit des Volks beruht '). 
Für so gut durchführbar und zweckmässig aber eine ge- 
setzliche Massregel dieser Art in den Distrikten erscheint, welche 
bis jetzt die allbäuerliche Gütergebundenheit noch gehabt haben, 
für so schwer durchführbar und bedenklich muss sie in den Ge- 
meinden erscheinen, bei denen die Theilung die Regel bildet, und 
wo die Verkleinerung der Wirthschaften bereits einen hohen Grad 
erreicht hat. 
Erstens nämlich würde hier im Moment der Einführung ei- 
nes solchen Gesetzes eine Menge Interessen verletzt, ebenso- 
wohl bei den Eltern, die ihre Wirthschaft auf die Eventualität 
einer Stücktheilung unter ihren Kindern eingerichtet und betrie- 
ben hatten, wie unter den Kindern, die in der Aussicht, einst 
ein Stück Land zu bekommen, in der elterlichen Wirthschaft mit- 
gearbeitet und auf Erlernung eines andern Gewerbs verzichtet 
haben. 
Für’s Zweite stehen auch wirkliche Rechte einer neuen Bin- 
dung von Gütern entgegen, zunächst Rechte von Hypothek- 
gläubigern, welchen nach unserm Hypothekengesetz nicht ein 
ganzes Gut, sondern einzelne Stücke ' verpfändet worden sind. 
Hier würden durch das Verbot, ein Gut zu zerreissen, die Pfand- 
rechte verletzt werden, und es müsste desshalb der Gebunden- 
heitserklärung eine Umwandlung der Hypothekschulden nothwen- 
dig vorhergehen. Sodann auch Rechte von Familiengliedern, na- 
mentlich von Ehegatien, die ein bestimmtes Gut in die Ehe ge- 
bracht haben, von Kindern aus einer früheren Ehe. Hier wäre 
1) Man darf wohl hier an das Urtheil Niebuhrs über die Befähigung 
unsers Bauernstandes zu einer freien Verfassung erinnern; siehe seine Le- 
bensnachrichten und Briefe III. S. 65.
	        
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