Full text: Zeitschrift für die gesammte Staatswissenschaft. Neunter Band. Jahrgang 1853. (9)

vom Asyle. 523 
der beseitigle Staat diesen Bedingungen nicht nach, so hat jeden 
Falls er kein Recht sich zu beklagen. Damit soll jedoch nicht 
eiwa gesagt sein, dass der Staat kein Recht und keine Pflicht 
habe, strafend gegen einen Angehörigen einzuschreiten, wenn er 
auf andere sichere Weise Nachricht und Beweis einer von dem- 
selben im Auslande begangenen Rechisverletzung erhält; etwa 
durch Klage eines verlelzten Privaten. Im Gegentheil steht die 
allgemeine Aufgabe, zur Weltrechtsordnung beizutragen, auch in 
diesem Falle fest '). 
Am zweifelhaftesten ist die Beantwortung der letzten Frage: 
ob die Gesetze des verletzten oder die des urtheilenden Staates 
dem Urtheile zu Grunde zu legen seien? — Dass bei dem for- 
mellen Verfahren lediglich die gewöhnlichen Vorschriften des 
handelnden Staates angewendet werden können, versteht sich 
von selbst. Es besteht ja keine andere Möglichkeit gültiger 
Amtshandlungen für das Gericht, und niemals verfährt daher auch 
ein solches, in bürgerlichen oder in peinlichen Sachen, nach der 
Prozessordnung eines fremden Staates. Allein damit ist nicht 
gesagt, dass nicht unter Umständen in materieller Beziehung das 
Gesetz eines andern Staates angewendet werden könnte; und 
zwar diess um so weniger, als wenigstens bei anderen Arten 
von Rechisfragen allerdings fremde Gesetze als entscheidend 
1) Wenn daher in dem Code de proc, cerim., Art. 7, die französischen 
Gerichte angewiesen sind, strafend gegen einen Franzosen wegen eines 
von demselben im Auslande gegen einen Franzosen begangenen Ver- 
brechens einzuschreiten, fulls dieser letztere klagend bei ihnen auftritt: so 
ist gegen diesen Grundsatz, so weit er geht, lediglich nichts einzuwenden. 
Wohl aber ist klar, dass derselbe — auf dem kosmopolitischen Standpunkte —. 
in doppelter Beziehung als zu enge bezeichnet werden muss. Einerseits 
nämlich sollte ein Verfahren auch dann stattfinden, wenn der Verletzte nicht 
selbst klagt, sondern nur sonst der Stantsbehörde eine genügende Nachricht 
zugekommen ist, Zweitens aber ist die Beschränkung auf die Verletzung 
eines Franzosen zu tadeln. Jedes im Auslande hegangene und bis jetzt nicht 
bestrafte Verbrechen eines Zurückgekehrten sollte Grund zu einem Verfahren 
abgeben können. Die Beschränkung des Schutzes auf den Landsmann hat 
ihre Quelle entweder in einem unklaren und unrichtigen Gefühle, oder in 
einer mehr als zweifelhaften Anwendung der mehr als zweifelhaften Lehre 
von der Persönlichkeit des Rechts, welches dem Uuterthanen auch in das 
Ausland folge.
	        
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