vom Asyle. 5925
Geselzgehbung kann die diesseitige Staatsgewalt nicht nöthigen,
Handlungen zu bestrafen, welche sie selbst nicht für strafbar er-
achlet, oder Strafübel anwenden zu lassen, welche sie nach Art
oder Grösse unzulässig finde. Auch der zu Bestrafende kann
sich nicht darauf berufen, dass er seine Handlungen unter der
Gewalt des fremden Rechtes begangen habe und somit dessen
Anwendung verlangen. dürfe. Die Bestrafung seiner Rechtsver-
leizung erfolgt aus eigener Aufgabe des diesseiligen Staales,
weil sein Einschreiten zur Herstellung einer Weltrechtsordnung
unerlässlich ist. Dabei verfährt er denn aber lediglich nach seinen
eigenen Ansichten von Recht, und es kann ihın kein Vorwurf
einer Pflichtversäumniss gemacht werden, wenn er seine Beibe-
hülfe zum Rechtsschulze ganz in der Art leistet, wie er sich
selbst schülzt, also nach seinen eigenen Strafgesetzen. Die An-
wendung des bürgerlichen Rechtes fremder Staaten in den dazu
geeignelen Fällen ist etwas wesentlich verschiedenes. Hier han-
delt es sich nämlich lediglich davon, zu erkennen, welche Ab-
sicht die Partheien bei ihrem Rechtsgeschäfte thatsächlich hatten,
oder ob thatsächlich ein solches Geschäft überhaupt unter ob-
waltenden IJmständen zu Stande kam. Nur zur Herstellung dieser
Thatsachen hat der Richter das fremde Recht zu erkunden und
es für angewendet oder nicht angewendet zu erklären; keines-
wegs aber spricht er sein Urtheil darnach, weil es für ihn selbst
eine genügende Kraft hätte und seine amtlichen Handlungen vor-
schreiben könnte. Das fremde Recht ist eine thatsächliche Vor-
ausselzung für ihn, aber keine Norm. — Hiermit soll aber aller-
dings nicht geläugnet sein, dass ein Staat immerhin wohl thut,
wenn er ausdrücklich durch Geselze ausspricht, dass vorkom-
menden Falles nach den Landesgesetzen werde geurtheilt werden.
Eine solche Feststellung schneidet jeden Zweifel für Richter und
Unterthanen ein für allemal ab.
c) Der dritte Fall.
Sehr häufig ist die Begehung einer Rechtsstörung
in einem fremden Staate durch Unterthanen des-
selben und nachheriger Uebertritt der Thäter auf
diesseitiges Gebiet vor erfolgter Bestrafung in