Full text: Zeitschrift für die gesammte Staatswissenschaft. Neunter Band. Jahrgang 1853. (9)

über Armenpflege und Heimathsrecht. 49 
Die Ursache dieser Erscheinung liegt, wie bereits früher 
bemerkt wurde, theils in den Lohnverhältnissen wenigslens eines 
grossen Theiles der arbeitenden Klassen, theils in ihrer sitllichen 
Schwäche, theils endlich darin, dass der Einzelne für sich allein 
für die Uebertragung solcher Schläge des Schicksals keine ge- 
nügende Vorsorge treffen kann, auch wenn er: im Stande und 
bereit ist Opfer dafür zu bringen. 
Hieraus geht klar hervor, dass durch eine blosse Erhöhung 
des Lohnes, auch wenn der Staat Mittel hätte und anwenden 
dürfte um eine solche unmittelbar herbeizuführen, die Zustände 
der arbeitenden Klassen nicht verbessert werden können. Bei 
der silllichen Schwäche derselben, welche wir im Allgemeinen 
als eine Thatsache anerkennen müssen, würde eine solche Ver- 
änderung der äusseren Verhältnisse allein vielmehr nur zu ihrem 
und der ganzen Gesellschaft Verderben ausschlagen. Die Er- 
hallung des Arbeiterstammes und das Wohl der Gesammtheit 
erheischen gebieterisch, dass die zur Befriedigung seiner drin- 
genden Bedürfnisse erforderlichen und beslimmten Mittel nicht 
durch Sorglosigkeit verloren gehen, noch in sinnlichen Genüssen 
vergeudet werden. Die wahre Selbstständigkeit des Arbeiters 
beruht nicht allein auf der äusseren Grundlage eines auskömm- 
lichen Verdienstes, sondern auch auf der inneren einer Er- 
leuchtung seiner Erkenntniss und Läuterung und Befestigung seines 
Willens. 
Er muss die Schwierigkeiten, Gefahren und Pflichten einer 
freieren Stellung kennen und der grösseren Aufgabe zu genügen 
im Stande sein, ehe er die abhängigere verlässt; seine Kräfte 
müssen mehr als hinreichend sein, allen Anforderungen an seine 
Person allein zu entsprechen, ehe er daran denkt einen eigenen 
Hausstand zu begründen und die Sorgen eines Familienhauptes 
auf sich zu nehmen. 
Genug die Verbesserung des Zustandes der arbeitenden 
Klassen kann nur durch Mittel gelingen, welche zugleich und in 
gegenseitiger Wechselwirkung eine Erhöhung des Lohnes und 
die sitlliche Kräftigung derselben zur Folge haben. 
Zur Erreichung dieses Zieles werden ohne ‚Zweifel alle 
Maassregeln beitragen, welche einen Einfluss auf die Ausdehnung 
Zeitschr. für Staatsw. 1853. 4s Heft. 4
	        
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