Full text: Zeitschrift für die gesammte Staatswissenschaft. Neunter Band. Jahrgang 1853. (9)

der Polizei. 607 
Die Neigung, sich in viele Angelegenheiten des bürgerlichen 
Lebens bevormundend einzumischen, hat, wie wir wissen, be- 
sonders auf polizeilichem Gebiete leichte Befriedigung erlangen 
können und desshalb ist die Polizei zum Vorwand für jede, 
wenn auch überflüssige und offenbar verwerfliche Beschränkung, 
aber auch zum Gegenslande eines sehr verbreiteten Widerwillens 
geworden. Die Benennung Polizeistaat wurde gewählt, um 
ein chinesisches System des übertriebenen Befehlens und Ver- 
bietens zu beseichnen, als wäre die Polizei an und für sich ein 
fehlerhafter Auswuchs, während sie doch, in verständigen Gränzen 
gehalten, .den Anspruch machen kann, als eine wohlthätige, unent- 
behrliche Beschützerin geachtet zu werden. Erwägt man hiezu 
noch das Nebelhafte in der Begränzung der Polizei und die Un- 
möglichkeit, alles das, was man zu ihr zu rechnen pflegt, in 
innere Verknüpfung zu bringen, so ist nichts natürlicher, als 
dass man sich von ihr abwendet und die undankbare Mühe scheut, 
sie aus dem chaolischen Zustande zu ziehen. In unseren Staaten 
fährt man fort, die Verwirrung zu verewigen, wenn man z. B. 
kleine Diebstähle und Betrügereien zu Polizeisachen stempelt. 
Es wäre ein logisches Kunststück,. welches noch Niemanden ge- 
lungen ist, eine solche Definition von Polizei aufzustellen, aus 
der sich ableiten liesse, dass es in ihrer Bestimmung liege, eine 
Ohrfeige, nicht aber einen Messerstich zu bestrafen. 
Um zur Aufklärung dieses Gegenstandes zu gelangen, muss 
man sich erst vergegenwärligen, wie die heutige Polizei dem 
Namen und der Sache nach entstanden ist. Die Polizei unserer 
Staaten ist ein Gebiet von Regierungsgeschäften, welches sich 
nicht auf einmal und nach einem Begriffe, sondern nach und nach 
und in Folge eines Gefühles des Passenden oder Bequemen ge- 
bildet hat. Nachdem einzelne Geschäfte dieser Art durch sehr 
fühlbare Bedürfnisse schon im Alterthum hauptsächlich in den 
Städten zum Vorschein gekommen waren, wurden diese auch im 
Mittelalter der Sitz von mancherlei Anordnungen in Bezug auf 
Bauwesen, Feuersgefahr, Gesundheit, Marktwesen u. dgl. Das 
Schulwesen und die Armenunlerstützung wurden theilweise von 
der Kirche besorgt. In den Landbezirken übernahm der Gerichts- 
beamte zugleich mancherlei solche Veranstallungen, die, ohne
	        
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